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Ein Bild der Trägheit - das Hippo. Doch Nilpferde können bei Bedarf recht behände sein. Die angeblich trägen Bankkunden in Österreich sind bei Vertrauenskrisen auch schnell weg.

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Wien - Die Österreicher sind ein treues Volk, vor allem, wenn es um ihre Bankverbindung geht. Ein einmal gewähltes Institut wird so schnell nicht gewechselt. Es sei denn, eine Krise - wie zuletzt bei der Bawag - erschüttert das Vertrauen. Ein gutes Filialnetz und die Nähe zu einer Filiale sind die wichtigsten Auswahlkriterien für Banken. Das geht aus einer Studie hervor, die das Markenstrategie-Unternehmen Brand Trust durchgeführt hat. Befragt wurden knapp 1000 Bankkunden in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Neben der lokalen Nähe ist "eine gute Beziehungsqualität" für 25 Prozent der Befragten ein wichtiger Parameter. Ein persönlicher Ansprechpartner, mit dem man gute Erfahrungen gemacht hat, stärkt das Vertrauen in die Bank. In der Bewertung der Banken weit abgeschlagen, weil nur für eine Minderheit interessant, ist das kostenlose Girokonto. Unwichtig für die Wahl der Bank seines Vertrauens scheint auch der Einfluss der Werbung zu sein, denn die Empfehlungen von Freunden oder der Familie und das eigenen Erlebnis in der Filiale sind jene Kriterien, die bei der Auswahl einer Bank am häufigsten genannt werden.

Vor-Ort-Komfort

Diese Kriterien werden laut Studie am besten von der Raiffeisen Zentralbank (RZB) und von den Sparkassen erfüllt. Die RZB punktet vor allem mit lokaler Nähe, die Sparkassen und Volksbanken mit Kundenfreundlichkeit und Service. Die Bawag PSK hat aufgrund der Turbulenzen rund um die Karibikgeschäfte an Vertrauen verloren. Konsumenten schätzen jedoch das klare Produktangebot der Bawag, die einen Neustart versucht. Die Erste Bank punktet mit einer "individuell auf die Lebenssituation zugeschnittenen Produktpalette". Keine gute Bewertung bekommt die Bank Austria Creditanstalt, die sich laut Studie "ohne klares Profil" bewegt und zuletzt bekannt gegeben hat, die Marke Creditanstalt aus dem Firmennamen zu streichen.

Aber: "Kein Anbieter erfüllt die Ansprüche der Kunden voll", sagt Achim Feige, Executive Brand Consultant bei Brand Trust. Wer sich als zeitgemäßer Finanzdienstleister positionieren möchte, müsse die genannten Parameter berücksichtigen. Feige: "Der Vor-Ort-Komfort zählt mehr als der Selfservice-Gerätepark im Foyer."

Wer worauf achtet

Die Bedürfnisse der Kunden können aber nicht pauschal erfüllt werden. Frauen, von denen laut Studie knapp zwei Drittel der Kaufentscheidungen beim Thema Geld/Anlage/Versicherungen getroffen werden, schätzen Höflichkeit und Empathie. Männer achten hingegen auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. So genannten "gesellschaftlichen Leadern" ist ein gutes Online-Banking-Angebot sehr wichtig ebenso wie ausgeprägte Fachkompetenz. Die von den Banken zuletzt stark umworbene Altersgruppe "50 plus" ködert man am besten mit einer angenehmen Filialatmosphäre, Freundlichkeit und der Ausstrahlung des Beraters.

Noch drastischer lautet das Ergebnis für Versicherungen: Alle großen hierzulande aktiven Versicherer seien "No-Brands" und schnitten in den Bereichen "Bekanntheit" und "Attraktivität" nur unterdurchschnittlich ab. "Banken und Versicherungen sind noch nicht so kundenorientiert wie andere Branchen, es gibt noch Nachholbedarf", kommentiert Josef Redl, Vorstand des Finanz Marketing Verbands Österreich (FMVÖ), das Ergebnis. "Die Finanzdienstleister profitieren von der Trägheit der Österreicher", so das Fazit von Brand Trust. "Besonders interessant wird es, wenn ausländische Anbieter auf den Markt drängen werden", sagt Feige zur Zukunft. Der Rat des Marken-Experten: "Ohne Freundlichkeit und Beziehung wird man keine Star-Brand."

Die Studie "Wie stark sind Österreichs Finanzmarken?" wird am Dienstag, den 9. Oktober im Österreichischen Genossenschaftsverband präsentiert. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.10.2007)