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Foto: APA/Barbara Gindl
Villach - Der Parlamentsklub der SPÖ startete heute seine zweitägige Klausur in Villach. Im Gegensatz zu ÖVP-Obmann Vizekanzler Wilhelm Molterer hat SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer auf offene Attacken auf den Koalitionspartner bewusst verzichtet. Hatte Molterer in seiner Grundsatzrede bei der ÖVP-Klubtagung in Richtung Kanzler gemeint, "Moderation reicht nicht", setzte Gusenbauer bei seiner Rede demonstrativ auf Sachlichkeit und philosophierte etwa über "Innovationsgesellschaften" und Chancengleichheit.

Österreich sei ein reiches Land, aber "an der Spitze wird die Luft dünn". Um das hohe Niveau zu halten, bedürfe es einer "qualitativen Änderung" von einer "Anwendung- zu einer Innovationsgesellschaft", so Gusenbauer. Der Weg dorthin führe über drei Prinzipien, die sich durch alle Politikfelder durchziehen müssten: Chancen- und Leistungsorientierung sowie soziale Fairness.

Für Gesamtschule

In der Bildungspolitik bedeute das mehr Chancen für Kinder und Jugendliche und in der praktischen Umsetzung mehr Möglichkeiten für Kinderbetreuung, dass alle Kinder über ausreichend Deutschkenntnisse verfügen und die Lehrkräfte genügend Zeit für individuelle Betreuung hätten. Die ständige Selektion werde am Ende dazu führen, dass es künftig noch weniger Akademiker gebe, plädierte Gusenbauer indirekt für die Gesamtschule.

Ziel sei eine Wohlstandsgesellschaft in "Harmonie und Balance", in der mehr Menschen am Reichtum teilhaben. Die "Antagonismen der Gesellschaft" müssten in eine Einheit gebracht werden. "Zu glauben, es ist die Integration des Unterschiedlichen durch die Spaltung möglich, ist eine Illusion." Es sei auch eine Illusion zu glauben, dass man dauerhaft Lebenssicherheit geben können, wenn man Menschen ausgrenze. Es gehe darum, die vielen Gegensätze in positive Art und Weise aufzulösen, so Gusenbauer ganz abstrakt.

Cap fordert von Missethon Entschuldigung

Klubobmann Josef Cap rief sowohl die ÖVP als auch die Oppositionsparteien auf, sich konstruktiv an der politischen Arbeit "für Österreich" zu beteiligen. Die Angriffe auf den Koalitionspartner fielen eher zurückhaltend aus, denn die SPÖ wolle sich nicht auf das Niveau von ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon begeben. Für die Äußerung Missethons, wonach Bundeskanzler Alfred Gusenbauer "sein eigenes Land mit Dreck" bewerfe, forderte Cap eine Entschuldigung. Denn Beleidigungen gegenüber dem Kanzler seien "kein Beitrag zur konstruktiven Arbeit".

Cap warf der ÖVP vor, mit ihrer "Schulideologie des 19. Jahrhundert" die Schulpolitik zu blockieren und forderte einen "bildungspolitischen Schulterschluss". Die Schuld für die aktuellen Probleme im Asylbereich sah er ebenfalls bei der ÖVP bzw. der Vorgängerregierung. Die SPÖ habe seit Jahren einen Asylgerichtshof gefordert. Hätte man diesen früher umgesetzt, wäre der "Stau" zu verhindern gewesen, so Cap. Das sei der wahre Grund für die heutige Diskussion. Innenminister Günther Platter ersuchte der Klubobmann, sich "seiner christlichsozialen Wurzeln" zu besinnen.

"Einfacher und früher"

In Sachen Homo-Partnerschaft sah Cap ebenfalls die ÖVP als Bremser. Auf diesen Punkt hätte man sich schon bei den Regierungsverhandlungen einigen können. "Es wäre einfacher gegangen, es wäre früher gegangen", so Cap zu dem aus seiner Sicht "einzigen neuen Punkt" aus den ÖVP-Perspektivengruppen.

In die Pflicht nahm Cap aber auch die Oppositionsparteien, die er aufforderte, sich mit Ideen und Vorschlägen einzubringen. "Wenn man im Parlament ein leises Schnarchen hört, das sind dann die Oppositionsparteien", so der Klubobmann.

Klima, Bildung und Familien

Am Montag beschäftigen sich die Abgeordneten mit den Themen Klima, Bildung und Familien. Nach Referaten von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Verkehrsminister Werner Faymann gibt Gusenbauer zu Mittag gemeinsam mit Frauenministerin Doris Bures und Bildungsministerin Claudia Schmied eine Pressekonferenz zum Thema "Kinderfreundliches Österreich".

Dabei wird es vordergründig um das Thema Familien gehen. Zur Sprache kommen dürfte auch das von der ÖVP gewünschte Familien-Steuersplitting, das die SPÖ ablehnt. Am Nachmittag stehen Vorträge von Bures zu Frauen am Arbeitsmarkt und Schmied zur Bildung am Programm.

Nachdem die Kärntner SPÖ-Chefin Gaby Schaunig die Affäre um eine angebliche Manipulation bei der Wahl des Klagenfurter Stadtparteichefs Ewald Wiedenbauer beim Landesparteitag am Wochenende relativ unbeschadet überstanden hat, dürfte die Stimmung zumindest von dieser Geschichte nicht getrübt werden. Inoffiziell eröffnet wurde die Klausur schon Sonntagabend mit einem Abendessen.

ÖVP: "Arbeitskanzler Wilhelm Molterer"

Zurück zum Absender geschickt hat die ÖVP den Arbeitsappell von SPÖ-Klubobmann Josef Cap. Zwei Drittel der bisherigen Regierungsarbeit seien vom ÖVP-Team erledigt worden, sagte ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon, der auch gleich Vizekanzler Wilhelm Molterer zum Kanzler machte: "Die ÖVP ist mit Arbeitskanzler Wilhelm Molterer die treibende Kraft in der Regierung." Einen Visionen-Mangel orteten die Grünen und das BZÖ sprach von einer "Zusammenrottung der Wortbrüchigen".

Die bisherigen Leistungen der SPÖ sah Missethon "im Kommentieren" erschöpft. Die von Cap geforderte Entschuldigung für "Beleidigungen gegenüber dem Kanzler" war in der Aussendung des ÖVP-Generals wenig überraschend nicht enthalten.

Grüne: Eingeständnis der Regierungsparteien

Grünen-Bundesparteisekretär Lothar Lockl freute sich über die Themensetzung der Klubklausuren der Regierungsparteien, denn "ÖVP und SPÖ übernehmen mangels eigener Visionen kleinlaut die Tagesordnung der Grünen Klubklausur". Lockl sah darin ein Eingeständnis der Regierungsparteien, "dass sie in Sachen Klimaschutz, Bildungs- und Integrationspolitik gewaltigen Aufholbedarf haben".

BZÖ: "SPÖ-Kegelabend"

Als "Zusammenrottung der Wortbrüchigen" und "SPÖ-Kegelabend", bei dem "Umfallen garantiert" sei, bezeichnet BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz die rote Klausur. "Allein der sozialistische Chaoskurs in der Asylpolitik und der SPÖ-Kniefall beim Kindergeld zeigen, dass sich die SPÖ eines Alfred Gusenbauer von jeglicher Lösungs- und Führungskompetenz dauerhaft verabschiedet hat", so Grosz, der Kanzler Gusenbauer eine "eklatante Führungsschwäche" attestierte und "ins Stammbuch" schrieb: "Wer über den Dingen stehen will, sollte keine unterirdisch schlechte Politik betreiben." (APA)