Berlin - Außenministerin Ursula Plassnik und ihr deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier haben dem Vorschlag des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, in der EU einen "Weisenrat" einzurichten, eine deutliche Absage erteilt. "Wenn es zu den bisherigen Gremien zusätzlichen Bedarf gibt, dann werden wir uns nicht verschließen", sagte Plassnik auf die Frage der APA am Montag im Auswärtigen Amt in Berlin. Anlass der eintägigen Berlin-Visite der Außenministerin war eine Expertenkonferenz über nukleare Sicherheitskonzepte im Rahmen der UNO.

Zwei Modelle

"Im Grunde gibt es zwei Modelle, nämlich eine Runde, in der alle 27 (Mitgliedsländer) vertreten sind; und wenn es ein kleineres Format sein soll, dann wird man einen Weg finden müssen, der einerseits sinnvollerweise ein Mandat beschreibt und andererseits zu einer kleineren Zahl als die Mitgliederzahl kommt", meinte Plassnik. Wenn es aber eine Gruppe mit zwölf Ländern gebe, würde dies bedeuten, dass jeweils die Hälfte der Mitgliedsstaaten nicht vertreten sein könne und dass es überhaupt keine Vertretung für diese Mitgliedsstaaten in einem solchen Gremium gebe. "Daher muss man darüber nachdenken, was ein gutes Prozedere wäre. Vielleicht sollte man die Präsidenten der wichtigsten Institutionen - Kommission, Europäisches Parlament und Rat - einladen, hier einen Vorschlag zu machen. Denn wenn schon, dann sollten hier Vordenker am Werk sein."

Auch Plassniks Gastgeber, der deutsche Außenminister Steinmeier, meinte, schon beim letzten Gespräch zwischen Frankreichs Präsident Sarkozy und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel habe dieses Thema bereits eine Rolle gespielt. "Unsere Position: Wir verschließen uns dem französischen Vorschlag, einen Rat der Weisen einzuberufen, nicht. Aber es muss insgesamt noch miteinander besprochen werden. Und der Rat der Weisen kann nicht die Aufgabe haben, die europäische Tagespolitik zu kommentieren."

Das jüngste Interview des EU-Kommissionspräsidenten Barroso mit Angriffen auf die deutsche Außenpolitik sorgte indessen für erhebliche Irritationen zwischen Berlin und Brüssel. Steinmeier sagte: "Die Äußerungen finde ich unverständlich und sind Anlass zu Nachfragen, was genau gemeint ist."

Hochschulzugang

Zum aktuellen Streitthema Hochschulzugang sagte Plassnik: Österreich brauche eine dauerhafte Regelung. Seit zwei Jahren gebe es Gespräche mit der Kommission, die freilich noch erfolglos geblieben seien. "Wir wissen uns verständnisvoll unterstützt durch Außenminister Steinmeier", sagte Plassnik. Sie hoffe nun auf eine sehr rasche und dauerhafte Lösung.

Anlass des Treffens der beiden Minister war ein Gespräch zur Vorbereitung des EU-Außenministerrates am 15. Oktober sowie die Eröffnung eines internationalen Workshops zur Multilateralisierung des nuklearen Brennstoffkreislaufes, die im Auswärtigen Amt in Berlin stattfand. "Von allen Gefahren für den Weltfrieden ist heute keine so besorgniserregend wie die Bedrohung durch den Missbrauch von Nukleartechnologie", hatte Plassnik laut ihrem Sprecher am vergangenen Freitag gegenüber der APA erklärt.

Konferenz

Vertrauenskrisen über die ausschließlich friedliche Natur nationaler Anreicherungsprogramme und Fragen der Weitergabe nuklearen Materials würden immer wieder zu gefährlichen politischen Spannungen führen, daher sei diese Konferenz organisiert worden. "Wir müssen uns dringend mit der Frage auseinandersetzen, wie wir sicherstellen können, dass die nukleare Technik nur zu friedlichen Zwecken verwendet und nicht für den Bau von Atomwaffen missbraucht wird", so Plassnik. "Was wir brauchen, ist eine neue weltweite Sicherheitspartnerschaft zur Kontrolle der sensiblen Nukleartechnologie. Fundament dafür muss eine Multilateralisierung des Brennstoffkreislaufs sein." Laut Aussendung zeigte sich auch Steinmeier besorgt: Die Technik zur Herstellung des nuklearen Brennstoffs öffne auch den Weg zur Bombe, warnte er mit Blick auf das Atomprogramms Irans und weiterer Länder. (APA)