Bewegung durch Farbe: Wenn die bunten Muster in den Augen der Kinder auf einmal pulsieren.

Foto: zoom/alexandra eizinger

Tarnen und Täuschen auf dem Meeresgrund: Mit den Tierkostümen können die Kids Signalfarben "senden" – oder sich verstecken.

Foto: zoom/alexandra eizinger
"Zitronenblau? Blaue Zitronen? Verkehrte Welt!", lacht das Mädchen. Im Wiener Kindermuseum Zoom kann sie derzeit noch oft erleben, wie vielfältig und "verkehrt" die Welt der Farben sein kann. Doch zuerst ist in der Ausstellung "himmelrot – zitronenblau" alles grau in grau. Da sitzen sie auf stumpf-farblosen Bällen, und selbst die Gesichter der Kinder haben einen aschfahlen Teint, als hätten sie gerade erst eine gröbere Kolik überstanden. Alles nur Illusion: Denn schon wird das Licht umgeschaltet, der Vorhang geöffnet und mit einem Mal sind die Sitzbälle eine farbfröhliche Gaudi.

"Bei uns wird’s bunt, wenn draußen alles grau und weiß wird", beschreibt Zoom-Direktorin Elisabeth Menasse-Wiesbauer das Konzept der Herbst/Winter-Schau. "Wir wollen Erlebnisse und Effekte bieten, bei denen die Kinder beginnen nachzudenken: Was ist Farbe eigentlich? Wie wäre eine Welt ohne Farben?" Schon die erste Station ist für die Kinder ein unwiderstehlicher Magnet – und wieder eine "verkehrte Welt": Da wird Farbe gefühlt. Ein paar Stufen hinauf, und dann reinrutschen in das Farbbad aus bunten Kuschelpölstern.

Noble Blässe

Dann stehen sie vor dem Abbild Kaiser Franz Josephs – ganz in Weiß. Da passt was nicht. "Der Umhang gehört in Rot!" Daneben das Bild mit drei Burschen – zwei von ihnen sind rötlich und orange gewandet: "Das da sind Mädchen", sind die Museumsbesucher überzeugt. Und erfahren, dass erst seit rund 100 Jahren die Buben "blau" und die Mädchen "rosa" sind. "Hier wollen wir sinnlich erfahrbar machen, dass es nicht nur natürliche, sondern auch kulturell geprägte Farbzusammenhänge gibt, erläutern die Kuratorinnen Lisa Noggler und Tina Handl.

Immer wieder täuschen die Farben. Vier Würfel. Einer rot, der andere grün, der nächste blau, der letze weiß. Welcher wohl der schwerste sei? "Der weiße ist der leichteste", sind sich fast alle sicher. Dabei wiegen alle gleich viel.

Täuschen und Tarnen

Am meisten Spaß macht das Täuschen und Tarnen aber auf dem Meeresgrund. Im künstlichen Korallenriff stülpen sich die Besucher Fisch- und Krebs-Verkleidungen über, können auf der einen Seite mit Signalfarben locken – oder mit der Tarnfabe auf der Rückseite des Kostüms fast unsichtbar mit dem Hintergrund verschmelzen.

Zu einer richtigen Farb-Ausstellung gehört natürlich auch ein Guckkasten – mit Hebel. In einem verschwinden nach der Hebelwirkung plötzlich alle Rottöne. So sieht der Hund. "Was sind denn das für Flecken in der Wiese?", will ein Kind beim nächsten Guckkasten wissen. So sieht der Turmfalke. Und die Flecken – das ist Mäuse-Pipi.

Immer wieder verblüffen die Ausstellungsmacher mit neuen Facetten und Überraschungen. In der "Hexenküche" im Halbstock wird nicht einfach nur gemalt – da wird zuerst einmal aus Speckstein ein Ocker hergestellt und aus Koschenille-Läusen ein Rot. Dass mit diesen Läusen vor dem EU-Beitritt Österreichs sogar einmal Politik gemacht wurde, ist den Kids hier übrigens herzlich egal.

Pulsierende Muster

Noch eine "verkehrte Welt": Die der optischen Illusionen – wenn Farbmuster auf einmal zu pulsieren beginnen – oder genau die gleiche Farbe vor einem anderen Hintergrund plötzlich ein andere Schattierung annehmen. Und dann, zu guter Letzt, werden die Farben sogar gehört. Konzentriert sitzen die Kinder hinter Overhead-Projektoren und lauschen, was als nächstes ertönt. Urwaldklänge erklingen im Lautsprecher und Trommeln. Keine Frage: So klingt Grün – und schon werden grüne Folien auf die Projektoren gelegt und bemalt.

Das Farbthema wird natürlich auch nebenan, im Zoom-Atelier fortgesetzt – derzeit in ganz besonderer Weise: Da wird mit mehrfach-Pinseln gemalt und entstehen Kunstwerke mit Farbkreiseln. Spätestens nach diesem Besuch können die Kinder dann auch dem Architekten Walter Gropius zustimmen. Der erklärte einst: "Bunt ist meine Lieblingsfarbe." (Roman David-Freihsl/DER STANDARD – Printausgabe, 09.10.2007)