Mit Elfriede Jelineks "Bambiland" (zu Litauisch: Bembilendas) leitet die Regisseurin Yana Ross erste Verbindungen zwischen den Kulturhauptstädten 2009, Vilnius und Linz, ein.

Foto: Matvejev
Riesige gelbe Holzsessel auf der Gedimino-Straße im Zentrum, wenige Meter davon entfernt eine überdimensionierte transparente Kugel, die mit Tausenden von Plastiksäcken gestopft ist, oder kleine Gartenzwerge auf Innenstadtstraßen: "Art in unusual Places" heißt das erste Projekt, das in Vorbereitung auf die Kulturhauptstadt 2009 das Stadtbild von Vilnius kulturell akzentuiert.

Auf der oberen Seite des die Stadt teilend durchfließenden Neris erinnert die Touristenmeile (früher mit Revolutionsmuseum) noch an Sowjet-Zeiten, in denen man die Aufmerksamkeit von der Altstadt weg- und zum heutigen "Europaplatz", wo nun die Stadtverwaltung residiert, hinlenken wollte. Das Touristenzentrum konnte damals nur wenig Interesse schaffen. Gleich neben die Glashochbauten um den Europaplatz reihen sich deutlichere Relikte aus der Sowjetvergangenheit: Ein im Rohbauzustand belassener Plattenbau darf hier, von Künstlern für '09 wie zum Hohn mit bunten Luftballons "geschmückt", als Kontrasignal des Fortschritts über die Jahre verfallen. Erst langsam beginnt man hier, Sowjetgebäude zu sanieren. Vilnius fördert die Renovierungen finanziell, einen Teil der Kosten müssten die Hausbewohner übernehmen - die Renovierung muss kollektiv beschlossen werden.

Parallel zur Kulturhauptstadt stehen in Vilnius die Feierlichkeiten zum 1000-Jahr-Jubiläum Litauens an. Beide Ereignisse sollen die Touristenzahlen um 15 Prozent steigern, plant zumindest Algirdas Paleckis, Vizebürgermeister von Vilnius und Kulturhauptstadt-Beauftragter.

Budget jährlich fixiert

Das Budget für das Kulturjahr '09 werde jährlich beschlossen, erklärt Paleckis, die Frage sei dabei nicht "wie viel Geld locker gemacht wird, sondern wie man es zuteilt". 100 Millionen Euro werden, so viel ist fix, in den Bau eines Sportstadions investiert, das auch kulturellen Feiern Raum bieten soll, außerdem möchte Paleckis "Flächen in sowjetischen Großgebäuden für Veranstaltungen nützen".

Das nächste Budget-Problem liegt in den Überlegungen, ein Guggenheim-Museum ans Neris-Ufer zu bauen - die Pläne seien ausgereift, zu bedenken gelte jetzt, ob sich diese Investition zum Touristenkeilen auszahle, oder ob man den Betrag, wie hoch er am Ende auch sein wird, nicht besser für die "eigenen" Künstler ausgebe.

Die haben sich allerdings längst selbstständig organisiert: Seit zehn Jahren gibt es die Künstlerrepublik Uzupis, mit eigenem Präsidenten, Verfassung, Künstlerradio, Zeitung und Außenminister.

Einen international interessanten Status als Kulturstadt betont Vilnius gerne: Uzupis ist vertraglich mit Montmartre verbrüdert, pflegen wolle man auch die Theatertradition des Landes (in der Unteren Burg von Vilnius gab es im 17. Jahrhundert eines der ersten ständigen Theater Europas), sagt Elona Bajoriniene, Chef-Organisatorin von Vilnius 2009.

Litauer "Bambiland"

Heute erinnert daran nur mehr das jeden Herbst stattfindende Theater-Festival Sirenos, das, womöglich um den Kontakt zu Österreich (Linz ist Partner-Kulturstadt '09) einzuleiten, Ende September mit einer Bambiland-Inszenierung (auf Litauisch: "Bembilendas") der amerikanischen Regisseurin Yana Ross, die in Yale bereits erfolgreich Jelinek-Übersetzungen theatralisiert hat, eröffnet wurde.

Unangefochtener Theater-Star Litauens ist der Regisseur Oskaras Korsunovas (beim Festival mit einer stark beeindruckenden Strindberg-Inszenierung zu sehen). Korsunovas und das zweite litauische "Regie-Genie" Eimuntas Nekrosius sieht Bajoriniene wohl als starkes Kulturkapital der Stadt, Pläne für Gastspiele im Ausland sind ein allerdings noch wenig konkretes Thema.

Stattdessen werden die Auslandslitauer zum Jahr 2009 als "Botschafter" ihrer Heimat als Werbefaktoren genützt. Und menschengroße weiße Steinengel sollen möglichst europaweit als Werbesignal auf die Botschaftshäuser drapiert werden. Wofür genau diese Engel werben, das müssen die Organisatoren der Kulturhauptstadt erst noch herausarbeiten.

Fest steht bislang nur: 2009 soll auch nach Ende des Jahres weitergehen. Initiativen, die in dem Rahmen gegründet werden (etwa der "Street Music Day", die "Culture Night" und "Art in unusual places"), sollen weitergeführt und als Traditionen etabliert werden. (Isabella Hager aus Vilnius /DER STANDARD, Printausgabe, 9.10.2007)