SPÖ-Klubobmann Josef Cap hingegen bekräftigte trotz dieser anderslautender Forderungen aus den eigenen Reihen die neue Linie die SPÖ, wonach das Fremdenrecht erst evaluiert wird, wenn der Asylgerichtshof installiert ist.
Dass Berger über Änderungen nachdenkt, findet Cap positiv, denn das sei ihre Aufgabe als Ministerin. Sollten sich aus der Evaluierung Änderungen als notwendig herausstellen, werde man diese auch umsetzen. Jetzt müsse zunächst aber ein humanitärer Vollzug sichergestellt werden.
Berger möchte jene Bestimmungen im Gesetz ändern, die zu großen Härten führen, etwa dass Ehepartner von Österreichern ihre Anträge auf Erstniederlassungsbewilligung im Herkunftsland stellen müssen. Da sich aber die ÖVP derzeit in diese Richtung nicht bewegen wolle, müsse man sich jetzt auf den Vollzug konzentrieren. Beim Thema humanitäres Bleiberecht möchte die Justizministerin eine Objektivierung der Kriterien und kein Gnadenrecht für Einzelfälle.
Prammer für humanitäre Lösung
Nationalratspräsidentin Prammer, die stets für eine rasche Überprüfung des Gesetzes eingetreten ist, sah die Schuld für die Festlegung auf eine spätere Evaluierung bei der ÖVP. Das sei offenbar das Maximum, das herauszuholen gewesen sei. Die harte Linie von Innenminister Günther Platter, der den SPÖ-Vorschlag für die Familie Zogaj abgelehnt hatte, findet Prammer "schade und traurig", hofft aber noch immer auf eine humanitäre Lösung. Auch sie will weiter mit dem Koalitionspartner verhandeln.
Frauenberger: "Kritische Stimmen"
Wiens SPÖ-Integrationsstadträtin Sandra Frauenberger fordert im Falter-Interview ebenso eine Evaluierung des Fremdenrechts und tritt für das Bleiberecht für Asylwerber nach fünf Jahren ein.
Frauenberger distanziert sich vom "roten Populismus" in der Ausländerpolitik und erklärt, dass die Wiener SPÖ dem Beschluss des Fremdenrechts "immer sehr kritisch gegenübergestanden" ist. Sie fordert "kritische Stimmen, die der Partei klarmachen, dass wir gute Konzepte statt Populismus haben, um die soziale Situation der Zuwanderer zu verbessern".
Ackerl für Bleiberecht
Oberösterreichs SP-Soziallandesrat Josef Ackerl forderte am Dienstag erneut ein humanitäres Aufenthaltsrecht für von der Abschiebung bedrohte, integrierte Familien. Das würde geschätzte 1.500 Familien mit Kindern in ganz Österreich betreffen.
Ackerl kritisierte, in Österreich hätten sich rund 35.000 offene Asylverfahren in verschiedenen Stadien angehäuft, weil die entscheidenden Behörden aufgrund einer unzureichenden personellen Ausstattung für den gesamten Verfahrensverlauf Jahre benötigten. Den Familien würde genau die Inanspruchnahme des Rechts nun zum Verhängnis. Die Mitglieder dieser Familien würden hier arbeiten, sie gingen hier zur Schule, zur Kirche, würden sich am Geschehen in der Gesellschaft beteiligen, kurz: sie würden hier leben wie jeder andere, würden Österreich als ihre Heimat betrachten.
Diese Familien würden nun aus diesem Leben, dieser Heimat herausgerissen und in ein völlig unbekanntes Leben, eine unbekannte Umgebung abgeschoben.
Ackerl verlangt deshalb, allen Familien mit Kindern, die aufgrund der gesamten Verfahrensdauern über Jahre in Österreich gelebt haben, sich integriert haben, hier Heimat gefunden haben, sollte durch eine Verordnung des Innenministers ein "humanitäres Aufenthaltsrecht" zugesprochen bekommen. Das sollte für alle Familien mit Kindern gelten, die bis einschließlich 2006 nach Österreich gekommen sind.
Evaluierung
Zudem müssten das Fremdenrecht und die Personalausstattung der zuständigen Behörden einer sofortigen Evaluierung unterzogen werden und notwendige Verbesserungen sofort umgesetzt werden, um künftig ein dermaßen großes Aufstauen und die daraus resultierende Versuchung, zu unmenschlichen Maßnahmen zu greifen, zu vermeiden, forderte er. Insbesondere bei der Personalausstattung sei ein sofortiger Handlungsbedarf der Bundesregierung gegeben, da natürlich auch allen anderen Asylwerbern eine rasche, aber ordnungsgemäße und humane Abwicklung ihrer Verfahren - egal, in welcher Instanz - zustehe.
Er sei davon überzeugt, dass damit keine größere Einwanderungswellen herbeigeführt würden, weil dem die Erfahrungen anderer Länder und die veränderte geopolitische Lage widersprechen würden.
Burgstaller fordert "klare Lösung"
Für eine "klare Lösung'" beim Fremdenrecht tritt Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller ein. Im "Kurier" (Mittwoch-Ausgabe) gab Burgstaller zu bedenken, dass "wir derzeit mit dem humanitären Bleiberecht einen eher unbestimmten Gesetzesbegriff haben". Sie sei für eine "Veränderung" nach dem Vorschlag von Justizministerin Maria Berger, wisse aber, dass "das so schnell nicht zustande kommt".
ÖVP lehnt Vorschlag ab
Die ÖVP erteilte in Aussendungen dem Vorschlag Ackerls eine klare Abfuhr. Für ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon und ÖVP-Justizminister Heribert Donnerbauer würde dieser "Amnestie-Vorschlag Schlepperbanden Tür und Tor nach Österreich öffnen", weil damit "der humanitäre Aufenthalt zum Nulltarif" zu haben wäre. Sie fordern Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zu "einer klaren Stellungnahme gegen diesen Parforce-Ritt" Ackerls auf.
Schaunig will Arbeitsrecht für Asylwerber
Die Kärntner SPÖ-Vorsitzende Gaby Schaunig hat sich am Dienstag für ein Erwerbsrecht für Asylsuchende ausgesprochen. Man könnte dafür die Saisonnier-Kontingente heranziehen, schlug sie in einer Pressekonferenz vor. Nichts abgewinnen kann die stellvertretende Landeshauptfrau dem Vorschlag ihres Parteikollegen Josef Ackerl.
"Man soll nicht das Kind mit dem Bade ausschütten", meinte Schaunig zum Vorschlag des oberösterreichischen Soziallandesrates vor dem Hintergrund des Falles Zogaj. Allerdings bemerkte sie in Richtung des ÖVP-Innenministers Günther Platter: "Hier geht die Menschlichkeit verloren."
Die Gesamtproblematik in Sachen Asyl beziehungsweise Abschiebungen ist nach den Worten der Kärntner SPÖ-Chefin nur durch ein Paket zu lösen, welches drei wesentliche Punkte beinhalten müsste: Eine Beschleunigung der Verfahren, die Einbeziehung der Behörden, politischen Vertretungen und der Bevölkerung des jeweiligen Aufenthaltsortes sowie ein Arbeitsrecht für Asylwerber. Bis ein solches Gesamtpaket verabschiedet sei, sollten "im Falle menschlicher Tragödien Einzelentscheidungen getroffen werden", verlangt Schaunig.
Auch Häupl gegen automatisches Bleiberecht
Auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat sich am Dienstag gegen den Vorschlag des oberösterreichischen SP-Soziallandesrats Josef Ackerl gestellt, ein automatisches humanitäres Bleiberecht für Familien einzuführen. Gleichzeitig zeigte er aber deutliche Sympathien für seinen Parteikollegen. In Sachen Evaluierung des Fremdengesetzes will nun auch Häupl den Asylgerichtshof abwarten.
"Ich bin selbstverständlich für ein Bleiberecht als individuelles Recht, das individuell zu prüfen ist", so Häupl in seiner wöchentlichen Pressekonferenz im Wiener Rathaus. Ein "pauschaliertes, generelles Bleiberecht" bzw. eine Generalamnestie lehne er dagegen ab. Dies könnte nämlich dazu führen, dass auch verurteilte Straftäter bleiben dürften: "Um es ein bisschen polemisch zu sagen, man soll Familien in Ruhe lassen und verurteilte Verbrecher abschieben."
Kritik an Platter
Kritik übte Häupl an der harten Haltung von Innenminister Günther Platter. "Der Spirit vom Ackerl, wenn auch ein bisschen übertrieben, ist mir hundertmal lieber, als der Spirit vom Platter", sagte er nach der Pressekonferenz vor Journalisten: "Der Ackerl fühlt richtig."
Als zentrales Problem bezeichnete er den Rückstau von 28.000 Asylanträgen. Dieser Ballast müsse zunächst abgebaut werden. Asylverfahren sollten spätestens nach einem, besser nach einem halben Jahr abgeschlossen werden.
Häupl, der in der Vorwoche dafür plädiert hatte, das Fremden- und Asylgesetz "schleunigst" zu evaluieren, will nun wie Parteichef Alfred Gusenbauer die Einrichtung eines Bundesasylgerichtshofes abwarten. Die Evaluierung werde damit im Zeitraum 2008 und 2009 kommen und seiner Ansicht nach auch zu Veränderungen führen. Man müsse sich die Praxis und die Umsetzung des Gesetzes anschauen.