Die Bundesregierung hat in diesen Tagen zu entscheiden, ob sich Österreich im Jahr 2012 an den Krisenreaktionskräften der EU beteiligen wird. Für den Fall eines (zu erwartenden) positiven Grundsatzbeschlusses sind weiters der personelle Umfang sowie die genaue Rolle (führend oder als Mitläufer) des Beitrags in der voraussichtlich gemeinsam mit Deutschland, Tschechien und möglicherweise noch mit anderen Staaten gebildeten Einheit festzulegen.

In der aktuellen Diskussion wird vielfach die Vereinbarkeit dieses Engagements mit der dauernden Neutralität unseres Staates in Frage gestellt. Vorneweg: Die österreichische Neutralität steht einer Beteiligung nicht im Weg! Schon der unglückseliger weise so martialisch gewählte Begriff der "Battlegroups" ist irreführend.

Diese seit 2004 entwickelten und durch ihre rasche Verfügbarkeit ausgezeichneten Krisenreaktionskräfte sollen ein breites Spektrum an Einsätzen abdecken. Es reicht von Rettungseinsätzen und Evakuierungen bis hin zu Friedenseinsätzen mit der Beteiligung von Kampftruppen. Und nur der geringste Teil dieser Aufgaben ist überhaupt neutralitätsrechtlich relevant. Lediglich an Kampfeinsätzen, die ohne UN-Mandat durchgeführt werden, dürfte sich Österreich nicht beteiligen.

Die Durchführung solcher Einsätze steht aber ohnehin nicht ernsthaft zur Diskussion. Ganz im Gegenteil: Die "Battlegroups" könnten gerade für UN-Missionen verwendet werden. In der UN-Charta wären gemeinsame Truppenkontingente für die Durchführung von Aufgaben der internationalen Krisenbewältigung unter der Oberherrschaft des Sicherheitsrates vorgesehen. Sie kamen aber nie zustande, weil sie die Staaten nicht permanent zur Verfügung stellen wollten. Die EU-Mitgliedstaaten sind nun bereit dazu.

Synergieeffekte

In Österreich, aber auch in anderen EU-Staaten, gibt es eine eigenartige verkehrte Debatte, ob und wie denn EU-Einsätze außerhalb einer Ermächtigung durch die UNO durchgeführt werden können, anstelle darüber zu beraten, wie Synergieeffekte zu erzielen sind. Die EU selbst hätte größte Schwierigkeiten, Kampfaufgaben ohne breite Legitimation durchzuführen. Ein großer Teil der EU-Bevölkerung unterstützt humanitäre Operationen, aber 80 Prozent sind dagegen, Kampftruppen aufzustocken.

Umso wichtiger ist es, dass Österreich schon jetzt, bei der Einmeldung der Beteiligung an den Krisenreaktionskräften unmissverständlich klarstellt, dass ein Tätigwerden im obersten Spektrum nur mit UN-Mandat erfolgt. Nur so wird Österreichs Verhalten für die EU-Partner und vor allem für die übrigen Beteiligten an "unserer" Krisenreaktionseinheit vorhersehbar. Und nur so wird Österreich als Partner ernst genommen!

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Franz Leidenmühler lehrt Völkerrecht an der Johannes Kepler Universität Linz. (DER STANDARD, Printausgabe, 10.10.2007)