Ernst Fischer vor seiner Modeboutique in der Wiener Innenstadt: "Wir haben da etwas ins Rollen gebracht."

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Wien - Es ist gerade einmal Halbzeit in Sachen Sonntagsöffnungszeiten zur Fußballeuropameisterschaft im Juni 2008. Der vorläufige Spielstand: Mit den Sozialpartnern wurde ein bundesweiter Kollektivvertrag vorbereitet. Die zweite Halbzeit müssen nun die Landeshauptleute bestreiten und eine Verordnung erlassen. Entscheidend ist dabei der besondere regionale Bedarf in den Landeshauptstädten Wien, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt, in denen Spiele ausgetragen werden.

Arbeitgeber wie Arbeitnehmervertreter betonen, dass die Sonntagsöffnung eine Ausnahme sei, die nur während der Zeit des großen Kickens gewährt werde. Als Hintertür zur generellen Sonntagsöffnung sei die Regelung nicht gedacht, sagt Werner Seliger von der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer.

Testlauf

Alexander Zach (LIF), einer der Initiatoren der Plattform "offenhaltenduerfen.at", hofft dennoch darauf, dass die Sonntagsregelung zur EURO 2008 zum Testlauf wird. "Wir müssen eine sachliche Diskussion darüber führen können." Die jetzige Regelung sei "durchlöchert wie ein Schweizer Käse". Beispielsweise können Tankstellen und Bäckereien mit Gastronomiegenehmigung am Sonntag offen halten und Lebensmittel verkaufen. Was Wien betrifft, ist Zach dafür, dass die ganze Stadt zur Tourismuszone erklärt wird. Damit könne verhindert werden, dass Kaufkraft nach Bratislava abwandere, wo sämtliche Einkaufszentren am Sonntag offen haben.

Das sieht Ernst Fischer ähnlich. Der Besitzer einer Modeboutique in der Wiener Innenstadt hielt 2006 sein Geschäft an sämtlichen Adventsonntagen offen. Der Gesetzesbruch kostete ihn insgesamt 27.000 Euro. "Finanziell hat es sich nicht ausgezahlt, aber ich glaube schon, dass wir damit etwas ins Rollen gebracht haben." Der Kleinunternehmer freut sich über die Einigung zur Sonntagsöffnung - auch wenn's nur eine sehr kurze Zeitspanne im Frühsommer betrifft.

Zu wenig Schutz

Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) will demnächst bekannt geben, welche Stadtteile zur sonntäglichen Konsumzone werden sollen. Gekickt wird in der Bundeshauptstadt an drei Sonntagen: am 8., 22. und 29. Juni. Fischer hat mit seinem in der City gelegenen Shop gute Chancen, offen halten zu dürfen. Mit wesentlichen Umsatzsteigerungen rechnet der Boutiquenbesitzer allerdings nicht. Die Erwartungen der Kaufleute halten sich generell in Grenzen. Kein Wunder: Fußballfans sind, wie die WM in Deutschland letztes Jahr gezeigt hat, keine besonders einkaufsfreudigen Städtetouristen (siehe Geschichte unten). Umso erstaunlicher, dass sich die Sozialpartner bezüglich EURO-Sonntage auf einen Kompromiss einigen konnten.

Der Druck war allerdings auch relativ hoch. Da sich die Schweizer, die gemeinsam mit Österreich die EURO austragen, vor Wochen auf eine Sonderregelung zur Sonntagsöffnung während der Spieltage geeinigt haben, wollte man nicht als Blockierer-Land dastehen.

Grüne gegen Sonntags-Einkauf

Womit, wenn nicht gerade eine Fußballmeisterschaft ansteht, in dieser Frage an sich kaum jemand Probleme hat. Sämtliche Parlamentsparteien sind gegen eine Änderung des Öffnungszeitengesetzes. Selbst die Wiener Grünen, die sich gern als moderne, urbane Partei positionieren, sind gegen das Einkaufen am Tag des Herrn. Die Bezirksgruppe Rudolfsheim-Fünfhaus brachte sogar eine Resolution im Gemeinderat ein, in der vom Sonntag als "Symbol dafür, dass das Menschsein mehr bedeutet als zu arbeiten und zu konsumieren" die Rede ist.

Jennifer Kickert von der Grünen Bezirksgruppe in Rudolfsheim-Fünfhaus betont allerdings, dass ihr Hauptargument gegen eine Liberalisierung der "unzureichende Schutz der Arbeitnehmer vor unfreiwilliger Sonntagsarbeit" sei: "Solange das nicht geklärt ist, ist die Sonntagsöffnung für uns kein Thema." (Marijana Miljkovic, Martina Stemmer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.10.2007)