Die Meinl European Land Ltd. unterwerfe sich für die Dauer der Einbeziehung in den Prime Market uneingeschränkt sämtlichen strengen Anforderungen an Emittenten im Prime Market entsprechend der Rechtsauffassung der Wiener Börse AG, hieß es weiter. Dazu zählten auch die Veröffentlichungsvorschriften des österreichischen Börsegesetzes.
Keine Regelverletzungen
Für den Zeitraum seit der Aufnahme in den Prime Market per 20. August 2007 konnten nach derzeitigem Kenntnisstand keine Regelverletzungen seitens der MEL festgestellt werden, das bestätige die von der Wiener Börse durchgeführte Überprüfung der Teilnahme der MEL am Prime Market. Weiters sei festgestellt worden, dass sich die gegen MEL erhobenen Vorwürfe auf den Zeitraum vor der Aufnahme in den Prime Market beziehen und der Wiener Börse die umstrittenen Aktivitäten der MEL nicht bekannt waren.
Wie die Wiener Börse am Mittwoch weiter mitteilte, wurde konkret zwischen der Wiener Börse AG und der Meinl European Land Ltd. (MEL) in den vergangenen Tagen folgendes ausdrücklich vertraglich klargestellt:
- Aktien und Partly Paid Shares (PPS) bilden ein und dieselbe Aktiengattung. Inhaber von Wertpapieren dieser Aktiengattung sind gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob sie PPS, Aktien oder Aktienzertifikate (ADCs, Austrian Depositary Certificates) halten.
- MEL wird Insider-Informationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich (ad-hoc) der Öffentlichkeit bekannt geben. Zu Insider-Informationen zählen beispielsweise kursrelevante PPS-, Aktien- oder Aktienzertifikatsrückkäufe, Beteiligungsinformationen und sonstige Tatsachen, die Meinl European Land Ltd. und/oder die PPS oder Aktien (Aktienzertifikate) betreffen.
- MEL wird Aktien, Aktienzertifikate und PPS in Bezug auf die Beteiligungsmeldung gleich behandeln. Es ist das gemeinsame Verständnis, dass Personen, die Aktien, PPS und/oder Aktienzertifikate erwerben oder veräußern, die Veränderungen ihrer Beteiligungen im Sinne des Börsegesetzes zu melden haben. Die Wiener Börse empfiehlt im Interesse aller Marktteilnehmer, die Eigentümer der PPS ehest möglich offen zu legen.
Nach Vorliegen dieser Ergebnisse habe der Vorstand der Wiener Börse im Interesse des Anlegerschutzes entschieden, MEL derzeit nicht aus dem Prime Market auszuschließen und diese Entscheidung - unabhängig von den Ergebnissen der Überprüfung durch die Finanzmarktaufsicht - unverzüglich bekannt zu geben.
Sollte die Wiener Börse von Regelverstößen der MEL während der Teilnahme am Prime Market Kenntnis erlangen, werde sie unverzüglich ein Prüfungsverfahren mit der möglichen Folge des Ausschlusses aus dem Prime Market einleiten, halten die beiden Vorstandsdirektoren der Wiener Börse fest. Zudem werde die Wiener Börse den Verbleib der MEL im Prime Market neu bewerten, sollte die Finanzmarktaufsicht (FMA( eine erhebliche Rechtsverletzung für den Zeitraum vor der Teilnahme am Prime Market feststellen, betonten Michael Buhl und Heinrich Schaller.
"Der Prime Market ist und bleibt das Premium-Segment der Wiener Börse. Es gelten die strengen Veröffentlichungsvorschriften für alle in diesem Segment gelisteten Unternehmen. Nur jene Unternehmen, die sich uneingeschränkt sämtlichen Anforderungen des Prime-Market-Regelwerkes unterwerfen, können am Prime Market teilnehmen", so die beiden Börse-Vorstände.
"Wollen wissen, wer hinter PPS steckt"
Hätte es die Wiener Börse kürzlich noch als "gutes Zeichen" gewertet, würde die Meinl European Land (MEL) freiwillig aus dem Prime Market in ein anderes Segment wechseln, so sorgte die Börsenachricht, MEL bleibe bis auf weiteres im Topsegment des Wiener Marktes, für Aufsehen. "Bis auf weiteres" heißt unter anderem, sobald die nach geheimnisvollen Aktienrückkäufen wegen Verdachts auf Marktmanipulation, Insiderhandel und Verletzung von Publizitätspflichten seit Wochen ermittelnde Finanzmarktaufsicht (FMA) ihre Ergebnisse vorlegt, würde der Börsevorstand in der Causa MEL wieder zusammentreten und die Lage neu bewerten.
Der aktuelle "Preis", damit die MEL vorerst in der ersten Börsenliga bleiben kann: Die in Jersey ansässige und in Wien notierte Gesellschaft unterwirft sich für die Dauer der Einbeziehung in den Prime Market - also rückwirkend auch seit 20. August 2007 (Datum der Aufnahme in den "Prime") - "uneingeschränkt sämtlichen strengen Anforderungen" an Emittenten im Prime Market entsprechend der Rechtsauffassung der Wiener Börse AG. Dazu zählten auch die Veröffentlichungsvorschriften des österreichischen Börsegesetzes. Das heißt, kursrelevante Umstände sind sofort zu melden.
Dass die Wiener Börse nun auch wissen will, wer hinter der karibischen Tshela Nominees (Aruba) steht, die als Treuhandstelle für die rund 150 Millionen teileinbezahlten Aktien (Partly Paid Shares, PPS) steckt, kommentierte die MEL am Mittwoch so: Im Fall einer Beteiligungsänderung werde es eine Mitteilung geben und die MEL werde dies dann veröffentlichen.
Aufsicht prüft
Der Beschluss in den Börsegremien fiel laut Börse nach dem jetzigen Stand der Dinge, also auch unpräjudiziell eines FMA-Prüfergebnisses über Ereignisse vor dem 20. August. Die Aufsicht hat im wesentlichen drei konkreten Fragen nachzugehen: Hätte die MEL Beteiligungsmeldungen machen müssen, hätte es eine ad-hoc-Meldung bereits zum Start des Zertifikaterückkaufs geben müssen bzw. war die ad-hoc-Aussendung von Ende Juli irreführend?
Für Börsevorstand Heinrich Schaller war "das Zugeständnis der MEL, dass die Veröffentlichtungspflichten auch für Zertifikate gelten, wesentlich", wie er heute sagte. "Wir haben immer gesagt, dass das österreichische Börsegesetz auf alle in Wien gelisteten Unternehmen anzuwenden ist".
Weil MEL (Jersey) im eigenen Kapitalmarktprospekt aber stehen hat, dass sie eben bestimmte Ausnahmen habe, lautet die Zusage sinngemäß, sich "freiwillig" daran zu halten.
Bisher auf Jersey-Recht verwiesen
Die MEL hat bisher immer auf Jersey-Recht verwiesen und in ihrem Kapitalmarktprospekt stehen, dass Meldepflichten der Paragrafen 91 und 93 des österreichischen Börsegesetzes nicht angewendet würden. Per heutiger Börse-Mitteilung sagte MEL nun jedoch der Börse zu: "MEL wird Insider-Informationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich (ad-hoc) der Öffentlichkeit bekannt geben. Zu Insider-Informationen zählen beispielsweise kursrelevante PPS-, Aktien- oder Aktienzertifikatsrückkäufe, Beteiligungsinformationen und sonstige Tatsachen, die Meinl European Land Ltd. und/oder die PPS oder Aktien (Aktienzertifikate) betreffen.
Im jetzt abgefassten "Vertrag" zwischen Börse und MEL steht nun auch, dass Aktien und Partly Paid Shares (PPS) ein und dieselbe Aktiengattung seien. Inhaber von Wertpapieren dieser Aktiengattung seien gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob sie PPS, Aktien oder Aktienzertifikate (ADCs, Austrian Depositary Certificates) halten. Die Wiener Börse empfahl, die Eigentümer der PPS ehestmöglich offen zu legen.
Unmittelbare und mittelbare Änderungen im Beteiligungskreis müssen laut Gesetz, wie berichtet, bei einem Unternehmen im Geregelten Markt (Amtlicher Handel, Geregelter Freiverkehr) in jedem Fall gemeldet werden - also bei Erreichen, Übersteigen oder Unterschreiten des Anteils an den Stimmrechten von 5%, 10%, 15%, 20%, 25%, 30%, 35%, 40%, 45%, 50%, 75% und 90%.
Änderungen bei PPP müssen gemeldet werden
Das heißt, wenn sich etwa bei den Partly Paid Shares etwas verändert, müsste in jedem Fall sofort gemeldet werden. Wie berichtet sind bei der MEL 150 Mio. Stück solcher nur teileinbezahlter, aber voll stimmberechtigter Aktien ausgegeben, die immerhin für mehr als ein Drittel der Stimmrechte stehen. Diese Namensaktien sind nach heuriger Angabe im Kapitalmarktprospekt auf "Tshela Nominees" ausgestellt, nach jüngster Diktion eine "Treuhandstelle".
Börsevorstand Schaller sagte heute, "wir würden gerne wissen, wer dahinter steht". Er verlässt sich auf entsprechende Versicherungen, dass es dazu Bekanntgaben geben wird. Die Bekanntgabe müsse vom Aktienbesitzer selbst kommen.
An der Börse notiert die Meinl European Land, damals als "Immobilientochter der Meinl Bank" ans Publikum gebracht, seit November 2002. Ganz zu Beginn hatte das Papier im "Sonstigen Handel" der Wiener Börse notiert. Am 15. Oktober 2003 stieg das Papier von dem mittlerweile umbenannten Segment "other listings" in das Segment "standard market auction" auf. Nach einem Zwischenaufenthalt im Segment "continuous" notiert seit dem heurigen August das Zertifikat im "Prime Market" - also der ersten Liga - der Wiener Börse.
IVA: Verhältnis MEL-Bank offenlegen
Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger (IVA) fordert indes einmal mehr "klare Transparenz über die Aktienrückkäufe". Dies müsse oberste Priorität haben, sagte Rasinger. Außerdem müsse die Gesellschaft offen legen, "wer dort die Fäden zieht und im welchem Verhältnis MEL zur Meinl Bank" stehe. Darüber hinaus forderte auch eine Offenlegung sämtlicher Gebühren-Konstruktionen, etwa für die Benützung des Namen Meinls, die oft "nur dazu dienten, um Gewinne abzusaugen".
"Erledigt" gehöre schließlich auch die Offenlegung der Eigentümer der Partly Paid Shares, auf wenn das aus Sicht des Anlegerschützers derzeit "nicht das Hauptthema" sei. Nachdem diese Stimmrechte praktisch nur eine "poison pill" für den Fall einer Übernahme seien, sei das Thema derzeit nicht vorrangig, glaubt Rasinger.
Grundsätzlich ist Anlegerschützer der Ansicht, dass die Causa Meinl ebenso wie die jetzige vertragliche Vereinbarung mit der Wiener Börse dem "Prime Market" nicht gut getan habe. "Das ist sicher eine Entscheidung der Juristen", erklärte er. Der Börse sei wohl "der Schreck in die Glieder gefahren", nachdem Meinl European Land angedroht habe, im Falle eines Ausschlusses aus dem Prime Market Ansprüche geltend zu machen.