Wien – Am 37. Tag des Bawag-Prozesses bekam man Einblick ins Arbeits-(und Seelen-)Leben von Wirtschaftsprüfern großer Unternehmen. Rede und Antwort standen am Mittwoch Johann Zöchling von der Wirtschaftsprüfungskanzlei KPMG und sein damaliger Kollege, Florian Botschen. KPMG-Partner und federführender Prüfer war damals Robert Reiter; heute Angeklagter. Botschen koordinierte die Bawag-Prüfungen 1998 bis 2000 organisatorisch, den Kontakt zum Bankvorstand, so erzählte er, hielt in erster Linie KPMG-Partner Reiter. Nach der Bilanzerstellung für das Jahr 2000 (da hatten sich die Verluste auf 1,4 Mrd. Euro summiert) hielt es den damals 30-Jährigen nicht mehr lange: "Ich wollte mir das in Zukunft ersparen, mir sind die dramatisch hohen Verluste sehr nahe gegangen, haben die Mitarbeiter leid getan." Botschen wechselte in den Vorstand der Bank Winter.

Zöchling beantwortete die Kernfrage um die Bilanzierung für 2000 so: "Es lag das große Problem auf dem Tisch, ob wir die ÖGB-Garantie akzeptieren." Wie bekannt, geschah genau das, "die Garantie war wirtschaftlich fundiert, das sehe ich immer noch so."

27 Milliarden Schilling

Günter Weninger hatte damals eine Aufstellung beigebracht, laut der der ÖGB ein Vermögen von 27 Mrd. Schilling hatte. Die stillen Reserven hätten nicht ausgereicht. Nach außen hin war alles paletti: Die Bawag veröffentlichte am 28. April 2001 ihre Bilanz (Ergebnis der Gewöhnlichen Geschäftstätigkeit: 284 Mio. Schilling), Bankchef Helmut Elsner verkündete das damals "mit einem Freudensprung".

Botschens Schilderungen zeigten dagegen die Dramatik der Zeit davor. Er habe von Reiter 1998 und 1999 nur erfahren, dass "die Sonderveranlagungen große Verluste" gebracht haben, "die Informationen hatte er; Unterlagen über die Sondergeschäfte gab es nicht, daher waren die Geschäfte auch nicht so ein großes Thema".

Kein Grund zu zweifeln

Die Sicherheiten (Flöttls Bilder) und deren Bewertung kannte er nicht, "Reiter sagte, sie seien ausreichend, es gab keinen Grund das anzuzweifeln:" 2000 sei die Lage dann wirklich dramatisch geworden: "Es ging um 20 Milliarden Schilling."

Aussagen, die Elsner übrigens nicht mehr hörte: Er war zuvor eingenickt und in seine Zelle geschickt worden. Sein Anwalt: "Er ist erschöpft, er kann aus gesundheitlichen Gründen in der Nacht nicht schlafen." (Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 11.10.2007)