Wien – Der ÖGB musste am Mittwoch erneut eine (erstinstanzliche) Niederlage vor Gericht einstecken. Nachdem er bereits den Schadenersatzprozess gegen den Ex-Bawag-Vorstand in erster Instanz verloren hat (der ÖGB beruft), ist er nun in der Causa Zusatzpensionen unterlegen. Das Wiener Arbeits- und Sozialgericht hat eine ÖGB-Pensionistin, die auf Weiterzahlung ihrer Zusatzpension geklagt hatte, Recht gegeben. Der ÖGB hatte sich im Prozess auf ein Widerrufsrecht berufen – für den Fall, dass ihm für die Zuschüsse "die maßgeblichen Mittel" fehlen.

Betriebspensionen gestrichen

Wie berichtet, hat der ÖGB unter Berufung auf seine prekäre finanzielle Situation die Betriebspensionen (bis zu 80 Prozent des Letztbezuges) ab vorigem März gestrichen; mit den meisten der 1300 Anspruchsberechtigten hat er sich auf Abschlagszahlungen geeinigt: Im Schnitt bekam jeder Pensionist 50.000 Euro. Zwölf Ex-ÖGBler haben sich dagegen gewehrt und geklagt – und nun ist die erste Entscheidung auf dem Tisch. ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer erklärte dem Standard, dass "der ÖGB in Berufung geht. Punkt. Ende." Einen Präzendenzfall will er darin nicht sehen, "der Richter hat nur diesen Einzelfall gewürdigt". Generell werde keine einzige der derzeit anhängigen Causen "in erster Instanz erledigt, alle werden ausjudiziert".

Schlechte Karten

Damit meint der ÖGB-Chef auch den arbeitsgerichtlichen Prozess, den Ex-ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch gegen den ÖGB angestrengt hat. Er bekämpft seine fristlose Entlassung und fordert 800.000 Euro. Der Richter hat das Verfahren geschlossen, er prüft, ob die Entlassung rechtzeitig erfolgt ist; laut seinen Andeutungen schaut die Geschichte für den ÖGB nicht rasend gut aus. Allerdings wartet der Richter noch auf Protokolle aus dem Strafprozess. Der Richter über die Causa Betriebspensionen, Henry Goldmann, begründet sein Urteil (13 Cga 42/07a-14) in der Zusammenfassung so: "In der Betriebsvereinbarung zum Pensionszuschuss ist kein wirksamer Widerrufsvorbehalt zur Einschränkung, Aussetzung oder Einstellung des Pensionszuschusses geregelt." Die Klägerin hatte ihre Betriebspension von in Summe rund 1600 Euro nachgefordert, nachdem der ÖGB ab März nicht mehr gezahlt hatte. Laut (nicht rechtskräftigem) Urteil müsste der ÖGB nachzahlen – und die monatlichen Zahlungen wieder aufnehmen. Der ÖGB hatte sich darauf berufen, die Zahlungen zu Recht eingestellt zu haben. Er berief sich dabei auf Bestimmungen, wonach er dann, wenn er nicht "über die nötigen Mittel" verfüge und bei Fortzahlung seine "wirtschaftliche Existenz aufs Spiel setzen müsste", die Zahlungen stoppen könne.

Betriebsvereinbarung gilt

Auf die wirtschaftliche Frage, ob die "ÖGB-Bilanz bei Weiterzahlung der Betriebspensionszuschüsse 2006 negativ" gewesen wäre, wie Zeuge und ÖGB-Finanzchef Clemens Schneider erklärt hatte, ging der Richter nicht ein: "Für eine derartig weitreichende Feststellung bräuchte man ein (...) Gutachten." Es sei aber nicht davon auszugehen, dass der ÖGB "nicht über vorhandene Mittel verfügt, um den Pensionszuschuss von rund 266 Euro im Monat zu zahlen". Ausschlaggebend ist für den Richter etwas anderes: Es gelte die Betriebsvereinbarung des ÖGB, und in der "gibt es keinen Widerrufsvorbehalt", weswegen "der ÖGB nicht das Recht hat, die Zahlungen auszusetzen, einzustellen oder einzuschränken". (gra, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 11.10.2007)