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Die Chinesen haben die Fäden im Textilgeschäft weltweit fest in der Hand. Der schwache Yuan treibt ihre Exporte zusätzlich an.

Foto: AP/EyePress
Wien – China füllt die Kleiderschränke der Österreicher. Die Direktimporte von Mode made in China sind im ersten Halbjahr 2007 um 25 Prozent auf ein Volumen von 313 Mio. Euro gestiegen. Darin nicht enthalten sind die Textilien von Ketten wie H&M, Zara und Mango. Sie lassen zwar großteils in Asien fertigen, liefern aber über ihre europäischen Zentrallager. EU-weit machen Importe aus China bereits ein Drittel aller Textileinfuhren aus. Die bisherigen dominierenden Produktionsländer verlieren stark an Boden, zeigen aktuelle Zahlen des Fachverbands der Bekleidungsindustrie.

China kompensiert

Deutschland hat seine Importe nach Österreich im ersten Halbjahr um fünf Prozent reduziert. Bei der Türkei gab es ein Minus von ebenfalls fünf, bei Italien einen Einbruch von 8,5 Prozent. "All das kompensiert China", sagt Bekleidungs-Fachverbandschef Franz Pitnik. Sein Kollege Wolfgang Zeyringer aus der Textilindustrie berichtet, dass die China-Importe im ersten Halbjahr um 40 Prozent auf 130 Mio. Euro anzogen. China sei auch hier dabei, Italien als zweitgrößten Lieferanten abzulösen. Dass ab 2008 auch die letzten Importschranken in die EU fallen, habe sich abgezeichnet, sind sich beide im Standard-Gespräch einig. Einfuhrbeschränkungen für Textilien und Bekleidung hätten bereits 2005 auslaufen sollen. Doch die riesige Import-Welle aus China veranlasste die EU zu einer Quotenregelung für zumindest zwei weitere Jahre. Der politische Wille, sie erneut zu verlängern, habe diesmal gefehlt, sagt Zeyringer, "die Importe werden jetzt noch einmal steigen, die Preise sinken".

Schwacher Yuan belastet

Zusätzlichen Druck bringen der schwache Yuan und Dollar. "Der Import nach Europa hat sich deswegen seit 2003 um 40 Prozent verbilligt", ärgert sich Johann Hörndl, Prokurist des Strumpfherstellers Ergee. Und das sei das weit größere Übel als das Auslaufen der Mengenbeschränkung. In der EU seien die Preise für Textilien von Jänner bis Mai um zwölf Prozent eingebrochen, bei Bekleidung gab es einen Preisverfall von vier Prozent, so Zeyringer. Für Österreichs Bekleidungsindustrie tun sich aber auch an anderer Front Gefahren auf. Viele lassen im Osten über Lohnbetriebe fertigen, die wiederum um ihre Existenz bangen, sagt Pitnik. Denn ihre internationalen Großabnehmer vergeben Aufträge zunehmend lieber ins günstigere Asien. Österreich hingegen brauche kleine Stückzahlen und schnelle Lieferungen. "Da ist Osteuropa naheliegender. Gibt es dort Probleme, dann schlägt das auf uns durch."

Zukauf in China

Größere österreichische Hersteller wie Huber kaufen freilich auch in China zu. Vorstand Mathias Boenke sieht den Fall der Quoten daher gelassener. "Ich halte nichts von Protektionismus, der Markt wird sich selbst regulieren." Huber bezieht vor allem BHs aus China und produziert zugleich neben Österreich in eigenen Werken in Ungarn und Portugal. "Europa hat durchaus Vorteile. Einige unserer Wettbewerber sind aus Asien hierher zurückgekehrt." Auch Wilhelm Haböck, Chef des Frottierherstellers Vossen, hat nichts gegen offene Märkte. Solange sich China bei seiner Wechselkurspolitik, bei Sozial- und Umweltstandards an die internationalen Spielregeln halte. "Derzeit gibt es aber massive Wettbewerbsverzerrung." Haböck schätzt, dass die Hälfte der im österreichischen Handel erhältlichen Handtücher in Asien erzeugt werden. Bei Strümpfen ist dieser Anteil noch weitaus höher. "Die erste Strumpfhose aus China wurde belächelt", erinnert sich Ergee-Prokurist Hörndl. Heute bediene sich der gesamte Lebensmittelhandel mit Textilien aus Fernost, der Diskonter Hofer etwa sei eine der größten Absatzschienen für Strümpfe. "An China kommt keiner mehr vorbei." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.10.2007)