Bild nicht mehr verfügbar.

"Made in China"

Foto: Reuters/Eveline Dungl
Das Gute zuerst: In Österreich gibt es an die 50.000 Terraristen. Menschen, die Evolutionsbeiträge, wie Viperae wagneri, Rüsselkäferlarven oder Rotbauchunken zum besten Freund, also daheim lieb haben. Ihnen gebührt höchste Anerkennung, gehören sie doch zu den wenigen, die sich der ostentativen Possierlichkeit von Hunden, Hasen, Sittichen und Katzen entziehen. Oder der sich derzeit galoppierend verbreitenden Orsophilie. Nach dem Knut-Kult in Berlin wird derzeit Wien von einer Honigesser-Hysterie heimgesucht. Tausende kleine Kinderfinger picken und pinseln den jüngst geschlüpften Schönbrunner Schwarzweiß-Mull in ihre Zeichenblöcke und buhlen so um einen winzigen Anteil am medialen Pandamonium. Zwar husst alle Welt gegen "made in China", aber die vierbeinigen Germknödel, die zahlenmäßig gerade einmal so verbreitet sind wie Helmkasuare (und dabei kleiner sind), erfreuen sich unreflektierter, globaler Adoration.

Ein Bambus zuzelnder Bär mit einer Penislänge von drei Zentimetern als die integrative Figur des dritten Jahrtausends. Und das uns, die sämtliche Ursidae seit Urzeiten per Tabu gebannt, von Herzen exterminiert und bei Stippvisiten aus dem benachbarten Ausland zuerst Bruno geheißen, mit eingeflogenen karelischen Spürhunden gejagt und schließlich erschossen haben. Bei uns daheim hat der Bär böse zu sein - an der Börse, am Ötscher, am Dienst und am Lauch sowieso. Selbst die Weltkrake Disney verweigert in Entenhausen einzig den Bären den Sprechblasenstatus.

Trotzdem widmet der ORF dem frühestens zu Weihnachten realiter sichtbaren Tier (Panda Claus?) ein "Panda-TV" sowie eine tägliche "Tagebuchsendung", und Zeitungen und Internetze brummen vor Buntbildreportagen.

Eine andere Spezies hingegen wird hierorts per Protest ausgerottet: Mit Zivilcourage und einem rosa Schnörkel kann man jetzt bekunden, dass man "gegen Brustkrebs" ist. Dieses Land wird es noch weit bringen. (Una Wiener/Der Standard/rondo/12/10/2007)