Michael Nährer ist 24 und hat bei Adrià, Veyrat, Eselböck, Petz, Wagner-Bacher gekocht.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Jetzt kam er heim nach Rassing.

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Bevor Michael Nährer in diesem Herbst an den heimatlichen Herd zurückkehrte, um das Gasthaus seiner Eltern fortan gemeinsam mit Wirtin und Mutter Maria zu bekochen, hat er sich ausgiebig in einigen der allerbesten Küchen von Österreich und überhaupt umgesehen. Wer die Speisekarte in dem pflegeleicht renovierten Dorfwirtshaus unweit von Böheimkirchen durchsieht, wird davon freilich kaum etwas merken - die sieht auf ersten Blick nicht wesentlich anders aus, als beim Wirten im Nachbardorf oder sonstwo im Schnitzelparadies.

Da fragt man sich, warum der Mann bei Edelköchen wie Christian Petz und Walter Eselböck lernte, warum er sich vom französischen Kochwunder Marc Veyrat schinden ließ und Sous-Chef bei Thomas Dorfer und Liesl Wagner-Bacher war, warum er sich zuletzt auch noch den Schliff von Ferran Adrià holte - wenn er jetzt erst recht Grillkotelett mit Pommes und Putenschnitzel mit Kompottpfirsich und Preiselbeeren servieren lässt. Okay, es gibt auch ganz anderes. Aber Nährer betont, dass er sich hier "vor allem um die gewachsene Stammkundschaft" kümmern wolle und die Pfirsich-Pute "eh schon einmal aus der Karte entfernt hatte". Nur: "Die Leute haben es trotzdem bestellt".

Keine Fertigprodukte

So übt sich Nährer, der im Fernsehen schon mal als "junger Wilder" auftritt und dem Vorabendpublikum mittels "Molekularküche" wohlige Trockeneis-Schauder über die Wohlstandswampe jagt, daheim in Bescheidenheit. Freut sich, dass in der Küche seit jeher keine Fertigprodukte verwendet werden, dass der Rindsbraten der Mutter mit Semmelknödel, Preiselbeeren und molligem Rahmsaftl weithin gerühmt werde und ihre Hasenkeule in unheimlich dichter, nach klassischer Art mit Blut gebundener Sauce auch bei jenen gut ankomme, die sonst nur Cordon Bleu bestellen: "Selbst wenn ich wollte, könnte ich hier keine Molekularküche machen", sagt er, " das geht nur in einer perfekt ausgestatteten Küche mit vielen, vielen Mitarbeitern".

Statt dessen bringt er seine Fertigkeiten so ein, dass bei den Stammtischschnapsern keine Sorge um das Bestehen ihres Rückzugsortes aufkommt, neue Gäste sich aber durchaus animiert fühlen, wegen des guten Essens wiederzukommen. Nährer renoviert etwa das Kalbsbeuschel so, dass zwar immer noch ein blattlvoller Suppenteller mit massivem Knödel aufgefahren wird - allein der Inhalt ist von feiner Riesling-Säure, hauchdünn geschnitten und schwungvoll mit Sardellen, Kapern, Zitronenschale abgeschmeckt - "Petz-Schule halt", wie Nährer anmerkt. Wenn sie auf der Karte steht, sollte man sich die "Variaton von Onkel Hans' Lamm" nicht entgehen lassen: Da wird dem ganzen Tier in Form von butterweichem Filet, knusprig gebratener Schulter, unheimlich lockerem, frittierten Knödel und rosa gebratener Leber gehuldigt. Dazu gießt Nährer Jus von kraftvoller Eleganz, wie ihn nur die ganz Großen können. Feine, kleine Weinkarte - aber: Vorsicht vor dem Hauswein! (Severin Corti/Der Standard/rondo/12/10/2007)