Immer wieder sind im Irak Mitarbeiter privater Sicherheitsfirmen an blutigen Auseinandersetzungen beteiligt. Das Bagdader Innenministerium verlangte nach der Schießerei am Nusour-Platz, bei der Angestellte der US-Firma Blackwater 17 Zivilisten erschossen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Lawrence Peter, der für den Verband der privaten Sicherheitsfirmen im Irak die Verhandlungen mit der irakischen Regierungen führt, berichtet im Gespräch mit Berthold Eder über die Unterschiede zwischen Militärs und Sicherheitsleuten und über die Auswirkungen der Blackwater-Affäre.
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derStandard.at: Ich hätte ein paar Fragen zur derzeitigen Debatte über die Auslagerung von Aufgaben, die früher Militär und Polizei vorbehalten waren, an private Firmen ...
Lawrence T. Peter: Zuerst einmal handelt sich bei den im Irak tätigen Firmen nicht um private Militär- sondern um Sicherheitsfirmen, weil sie ja keine militärischen Operationen ausführen. Diese Unternehmen machen im Grunde genommen das, was auch Sicherheitsfirmen in Ihrem Land tun: sie beschützen Leute, Einrichtungen oder Fahrzeuge.
Das entspricht in etwa einer Firma, die in Ihrem Land für die Bewachung eines Kraftwerks, für die Sicherheit eines Geschäftsmanns oder für Geldtransporte zu Banken zuständig ist. Der Unterschied ist, dass die Firmen im Irak in einer hochgefährlichen Umgebung unter ständiger Bedrohung tätig sind.
derStandard.at: Wie viele Mitarbeiter haben die ausländischen Sicherheitsunternehmen im Irak?
Peter: Ich gehe von etwa 30.000 aus. Davon sind ca. 5.000 US-Bürger, 10.000 kommen auf Drittstaaten (vor allem Großbritannien, Südafrika und Australien) und der Rest sind Iraker: Araber, Kurden, aber auch sehr viele Christen.
Der Unterschied zu Soldaten ist, dass private Sicherheitsleute sich für einen Einsatz im Irak bewerben – beim Militär weiß man vorher nicht, wohin man geschickt wird.
derStandard.at: Gibt es auch irakische Sicherheitsfirmen?
Peter: Es gibt um die 30 davon. Institutionen wie das irakische Transportministerium und der Flughafen Bagdad bevorzugen es allerdings, ausländische Unternehmen zu beauftragen.
derStandard.at: Wie ist das Verhältnis zwischen Ihrer Organisation und den irakischen Behörden?
Peter: Ich bin fast täglich in Kontakt mit dem Innenministerium. Zwei- bis dreimal pro Woche treffen wir uns mit den Irakern, um allfällige Probleme zu besprechen.
derStandard.at: Das irakische Innenministerium hat mehrmals gefordert, dass die Firma Blackwater nicht mehr für die Bewachung von US-Diplomaten zuständig sein soll. Würde ein Blackwater-Abzug ein Sicherheitsproblem für die Mitarbeiter des US-Außenministeriums bewirken oder warten konkurrierende Firmen schon auf die gutbezahlten Aufträge?
Peter: Das US-Außenministerium hat drei Firmen mit dem Schutz seiner Mitarbeiter im Irak beauftragt: außer Blackwater sind auch noch Triple Canopy und DynCorp für das State Department tätig, die jederzeit mehr Aufträge übernehmen könnten.
derStandard.at: Welche Möglichkeiten, Fehlverhalten von Mitarbeitern zu bestrafen, haben private Sicherheitsfirmen?
Peter: Diese Firmen sind keine staatlichen Behörden – sie betreiben ja keine Gefängnisse und halten keine Strafprozesse ab. Die Bestrafung im Falle von Gesetzesübertretungen muss daher Aufgabe des Staates sein. Sie können den Mitarbeiter, der sich eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hat, lediglich entlassen.
derStandard.at: Was tun Sicherheitsfirmen dagegen, dass sich ein wegen solcher Zwischenfälle entlassener Mitarbeiter einfach bei einem anderen Arbeitgeber bewirbt??
Peter: Natürlich machen die Firmen Background-Checks, bevor sie jemanden anstellen. Man nimmt Kontakt mit früheren Arbeitgebern auf und überprüft die Qualifikationen des Bewerbers.
derStandard.at: Wie ist es dann möglich, dass Andrew J. Moonen, der zu Weihnachten 2006 einen Leibwächter des irakischen Vizepräsidenten erschoss und dafür von Blackwater entlassen wurde, zwei Monate später wieder in der gleichen Branche in Bagdad tätig war, wie CNN berichtet?
Peter: So etwas sollte nicht passieren, kommt aber trotzdem immer wieder vor - die Welt ist eben nicht perfekt. Von jeder Regel gibt es Ausnahmen – das bedeutet aber nicht, dass die Regel nicht existiert, (derStandard.at/11.10.2007)