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Die 15-jährige Arigona Zogaj wurde vor der Pressekonferenz von Freunden begrüßt.

Foto: Reuters/Foeger
Nach zwei Wochen als U-Boot trat Arigona Zogaj erstmals an die Öffentlichkeit. Erstaunlich gefasst und in bestem oberösterreichischem Dialekt erzählte die 15-Jährige von ihrer Flucht und der Angst vor der Abschiebung.

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Ungenach – Ein glitzender Haarreifen, weiße Turnschuhe, eine trendige Jean. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Arigona Zogaj kaum von anderen Mädchen in ihrem Alter. Und doch steht der Teenager seit rund zwei Wochen im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Um exakt 14.00 Uhr tritt das bis dato untergetauchte Mädchen im oberösterreichischen Dorf Ungenach (Bezirk Vöcklabruck) am Freitag erstmals an die Öffentlichkeit.

Rund 60 Journalisten und Kamerateams haben seit Stunden vor dem kleinen Pfarrhaus auf diesen Moment gewartet. Ein schwarzes Auto fährt vor, aus dem Fond steigen Arigona und Pfarrer Josef Friedl. Das Blitzlichtgewitter scheint das von Abschiebung in den Kosovo bedrohte Mädchen zunächst nicht zu irritieren. Blitzlicht und Tränen

Unter Tränen wird sie von Verwandten und Freunden in den Arm genommen, ehe es zur eigentlichen Pressekonferenz in den Pfarrsaal geht. „Um Arigona nicht zu überfordern“ fungiert Pfarrer Friedl quasi als Moderator, stellt selbst die Fragen an das Mädchen, sortiert zu heikle Journalistenfragen rigoros aus. „Der ist schon kommod“, sagt Arigona über den Geistlichen.

Die 15-Jährige wirkt trotz des Medienrummels erstaunlich gefasst und erinnert sich an den Beginn ihrer Flucht. „Ich war in der Fahrschule, da ich gerade den Mopedführerschein mache, anschließend waren meine Freundinnen und ich beim McDonald’s essen. Da ist plötzlich der Anruf gekommen, dass die Polizei bei uns zu Hause ist“, schildert Arigona in bestem Oberösterreich-Dialekt die Abschiebung von ihrem Vater und vier Geschwistern in den Kosovo. Die Flucht sei dann eine „spontane Idee gewesen“. Zuerst zu Freundinnen in Oberösterreich – „keine 24 Stunden an einem Ort“.

Tage als U-Boot

Dann habe sie aus der Zeitung erfahren, dass sie auch von der Polizei gesucht wurde. „Ich hatte große Angst und bin nach Wien geflüchtet“, schildert Arigona ihre Tage als U-Boot. Fragen über wahrscheinliche Fluchthelfer werden von Pfarrer Friedl mit einem „Dazu sagen wir nichts“ abgewiesen.

Das vieldiskutierte Video sei entstanden, als Arigona mitbekommen habe, man „wünsche sich ein Lebenszeichen“ von ihr. Auf die Frage, ob das Band, wie von Vertrauten des Mädchens behauptet wird , auf massiven Druck des ORF entstanden sei, entfährt Pfarrer Josef Friedl ein Lächeln: „Als Pfarrer kann ich schweigen, ich könnte natürlich dazu was sagen, aber das würde jetzt nicht passen.“ Arigona selbst möchte jetzt so rasch wie möglich in ihr Leben zurück. „Ich will wieder in die Schule gehen, und vor allem vermisse ich meine Familie. Ich hoffe, dass wir alle bleiben können.“ Über eine drohende Abschiebung sei sie von ihren Eltern „eher weniger“ informiert worden. „Das ist die Sache meiner Eltern, dass geht mich nichts an“, stellt Arigona klar.

Angst vor dem Kosovo

Angst habe sie immer noch. „Ich träume oft, dass wir alle in den Kosovo zurückmüssen. Doch was sollen wir dort, wir haben im Kosovo nichts und bis auf meine Oma auch keine Verwandte und Freunde“, erzählt das Mädchen. Vor fünf Jahren war sie das letzte Mal dort, Albanisch spricht sie „ein wenig“.

Die Selbstmorddrohungen, geäußert in einem Brief und dem besagten Video, seien „ernstgemeint gewesen“, stellt Arigona klar. Sie wollte damit niemanden erpressen, aber „der Selbstmord ist immer noch ein Thema – wenn es nicht anders geht“.

„Du brauchst dich nicht fürchten“, habe ihr Landeshauptmann Josef Pühringer versichert. Ob sie auch mit Innenminister Günther Platter sprechen wolle? „Wenn mir das hilft, schon.“ (Markus Rohrhofer/DER STANDARD, Printausgabe, 13.10.2007)