Wien - Jahrelang wurden Engpässe in der Wiener Kinder- und Jugendpsychiatrie kritisiert - jetzt soll reformiert werden. Unter anderem soll die Zahl der stationären Plätze ausgebaut und ein mobiler "Liaisondienst" zwischen Psychiatrie und Jugendwohlfahrt eingerichtet werden. Darüber hinaus werden weitere Fachärzte ausgebildet. Diese am Donnerstag präsentierten Maßnahmen gehen auf ein Konzept zurück, das die Kinder- und Jugendpsychiater Ernst Berger und Max Friedrich seit dem Frühjahr im Auftrag der Stadt erstellt haben.

Im Neurologischen Zentrum Rosenhügel wird die Zahl der Plätze im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich von 18 auf 28 erhöht. Auch im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) wird der Bestand von 32 auf 36 angehoben. Mit Fertigstellung des geplanten Krankenhauses Nord in Floridsdorf soll auch dort eine eigene Abteilung für Kinder und Jugendliche errichtet werden. Weiters werden drei zusätzliche Ausbildungsplätze für Fachärzte der Kinder- und Jugendpsychiatrie geschaffen.

Durch einen im November startenden "Liaisondienst" zwischen Psychiatrie und der Jugendwohlfahrt sollen die Spitalsaufenthalte allerdings seltener und kürzer werden. Jene rund 150 Jugendlichen in Betreuung der Jugendwohlfahrt, die psychiatrischer Behandlung bedürfen, werden dabei regelmäßig von Psychiatern besucht. Diese kommen auf Hausbesuch in die sozialpädagogischen Einrichtungen des Jugendamtes.

Man wolle Schnittstellen zu Verbindungsstellen zu schaffen, so Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SP). Für Jugendstadträtin Grete Laska (SP) ist die Reform "richtungsweisend nicht nur für Wien, sondern für ganz Österreich".

"Es ist für mich wie Weihnachten und zumindest zehn Geburtstage hinzu", freute sich Friedrich bei der Pressekonferenz. In drei Jahren werde seine kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung im AKH umgebaut und präsentiere sich 2012/2013 in neuem Gewand.

"Viel zu spät"

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie sei jahrzehntelang unterversorgt gewesen und geringgeschätzt worden, kritisierten die Grünen Gemeinderätinnen Sigrid Pilz und Claudia Smolik. "Die nun geplante Modernisierung kommt leider viel zu spät."

Für die VP-Gemeinderätin Karin Praniess-Kastner kann die angekündigte Reform "nur ein erster Schritt gewesen sein". Sie fordert eine Aufstockung der Dienststellen für Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen im Jugendamt (MA11). (APA, frei, DER STANDARD - Printausgabe, 12. Oktober 2007)