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UNO-Nothilfekoordinator John Holmes.

Foto: EPA
Wien - Für die Menschen in Darfur spitzt sich die Lage zu. Es gebe eine "langsame Verschlechterung" der humanitären Situation in der sudane- sischen Krisenregion, warnte der UNO-Nothilfekoordinator, John Holmes, am Donners- tag in Wien gegenüber dem Standard. "Die derzeit steigende Gewalt beschränkt den Zugang und macht es für die humanitären Helfer noch schwieriger und gefährlicher, ihre Arbeit zu machen", sagte der Diplomat.

Die politischen Querelen würden zunehmend in die überfüllten Flüchtlingslager getragen, die Camps zunehmend militarisiert, was die Hilfe weiter erschwere. "Eines der Ergebnisse ist zum Beispiel: Es gibt Hinweise, dass die Unterernährung, die bedeutend abgenommen hatte, jetzt wieder zunimmt." Ein spezielles Problem sind laut dem Briten die täglichen Angriffe auf die Helfer. "Wagen werden entführt, Satellitentelefone gestohlen, das alles jeden Tag. Angegriffen werden vor allem Nichtregierungsorganisationen, aber auch UN-Organisationen." In den wenigsten Fällen stünden politische Absichten dahinter, in 90 Prozent der Fällen handle es sich offenbar um "Banditen".

"Turbulente Phase"

Attacken wie jene auf einen Stützpunkt von Soldaten der Afrikanischen Union (AU), auf die Stadt Haskanita oder auf Mohajiriya sieht Holmes als "Teil der turbulenten Phase" im Vorfeld der für Ende Oktober geplanten Gespräche in Libyen mit der sudanesischen Regierung und den verfeindeten Rebellengruppen. Bei den Verhandlungen müsse zunächst ein wirksamer Waffenstillstand vereinbart werden - auch mit Blick auf die geplante Stationierung der Friedenstruppe aus UNO und AU. "Wir müssen uns auf einen schwierigen und komplizierten Prozess einstellen."

Kompliziert wird nach Ansicht des UN-Vizegeneralsekretärs auch der Tschad-Einsatz der Europäischen Union. "Es ist eine schwierige und abgelegene Gegend, größtenteils Wüste. Es gibt große Probleme mit der Lebensmittel- und Trinkwasserversorgung." Die Tschad-Regierung habe dort keine Kontrolle.

Die 2300 Mann starke EU-Truppe, an der sich auch Österreich mit bis zu 100 Soldaten beteiligen wird, soll dort vor allem für die Sicherheit von Darfur-Flüchtlingen, intern Vertriebenen und lokalen Bevölkerung sorgen. Derzeit sind laut Holmes rund 238.000 Flüchtlinge aus Darfur und zwischen 170.000 und 180.000 interne Flüchtlinge in der Region.

Ein kürzlich vereinbartes Abkommen zwischen der Tschad-Regierung und den dortigen Rebellen-Gruppen beurteilte der UN-Koordinator hingegen als positiv. Werde die Einigung verbessert und auch umgesetzt, "wird das ein viel einfacheres Umfeld für die Truppe schaffen".

Teure Kriege

Laut einer Studie am Donnerstag veröffentlichten Studie von Nichtregierungsorganisationen haben Bürgerkriege und gewaltsame Konflikte Afrika zwischen 1990 und 2005 rund 211 Milliarden Euro gekostet. Dies entspricht ungefähr der Menge an internationaler Entwicklungshilfe, die in der gleichen Zeit an den Kontinent geflossen ist. (Julia Raabe/DER STANDARD, Printausgabe, 12.10.2007)