London - Ameisen und Blattläuse leben in einer Symbiose: Die Blattläuse produzieren ein süßes Sekret, das die Ameisen als Nahrung nutzen - die Ameisen wiederum schützen die Blattläuse vor Räubern wie etwa Marienkäfern. Die Symbiose ist allerdings im Ungleichgewicht: es profitieren nicht beide Seiten in gleicher Weise davon.

Zum Beispiel ist schon länger bekannt, dass die Ameisen den Läusen die Flügel abbeißen, damit diese nicht fliehen können. Auch konnte nachgewiesen werden, dass Drüsenabsonderungen der Ameisen das Nachwachsen von Flügeln auf chemischem Weg verhindern.

Betäubung

Und die Manipulation der Blattläuse läuft auch auf subtilerer Ebene ab, wie ein britisches Forscherteam des Imperial College London herausfand: Um Blattläuse gefügig zu machen, sondern die Ameisen ein Sekret aus ihren Beinen ab. Die Substanz sorgt dafür, dass die domestizierten Blattläuse ihre Bewegungen verlangsamen und folglich in der Nähe des Ameisennestes bleiben.

Um den verlangsamenden Effekt der Ameisenabsonderung bei Läusen nachzuweisen, präparierten die Wissenschaftler Blätter aus Papier mit dem Sekret. Dazu ließen sie einfach Ameisen über das Blatt laufen. Mittels einer speziellen Kamera und der dazugehörigen Software konnte eindeutig gemessen werden, dass die Blattläuse in den Ameisenspuren weitaus langsamer unterwegs waren als auf unbehandelten Blättern.

Wie Studienleiter Tom Oliver erklärt, können die Ameisen das Sekret gezielt einsetzen, um einen bestimmten Bereich in der Nähe des Nestes ähnlich einer menschlichen Tierfarm einzugrenzen. Innerhalb des mit Sekret überzogenen Feldes agieren die Läuse schaumgebremst und sind so besser zu kontrollieren. Auch die Gewinnung von Zuckerstoffen über die Blattläuse gestaltet sich dadurch um ein Vielfaches einfacher. Verlässt eine Laus den abgesteckten Kreis, wird sie von den Ameisen in vielen Fällen aufgefressen, so die Vermutung der Wissenschaftler.

Schutzsekretmafia

"Der bisher vermutete Vorteil, dass die Blattläuse durch die Ameisen einen gewissen Schutz genießen, ist auch nach unseren Forschungen nicht ganz von der Hand zu weisen", gibt Oliver zu bedenken. Neben dem direkten Schutz der Lauskolonien vor Marienkäferangriffen soll bei der Verteidigung ebenfalls das Ameisensekret eine bisher unbekannte Rolle spielen. So konnte das Team um Oliver nachweisen, dass Marienkäfer die Sekretspuren von Ameisen meiden, wenn sie ihre Eier auf Pflanzenblättern anlegen. Diese Beobachtung lasse auch den möglichen Schluss zu, dass Blattläuse die abgesteckten Sekretbereiche von sich aus nicht verlassen, da sie in diesen geschützt sind, so Oliver. Der Preis für diesen Schutz sei, wie die abgebissenen Flügel zeigen würden, allerdings nicht unbeträchtlich. (pte)