ModeratorIn: Wir begrüßen den oberösterreichischen SP-Landesrat Josef Ackerl, der kürzlich damit aufhorchen ließ, dass er eine Generalamnestie für AsylwerberInnen forderte, und bitten unsere UserInnen um ihre Fragen?

Josef Ackerl: Darf einen schönen guten Tag wünschen und hoffe auf einen ergiebigen Dialog.

asora1: Sie fordern ein Bleiberecht für alle Familien, die auf einen Asylbescheid oder auf Abschiebung warten. Wieso wurde es noch nicht umgesetzt?

Josef Ackerl: Weil dafür noch keine politische Mehrheit herbeigeführt werden konnte.

asora1: Wieso ist nicht die gesamte SPÖ für ein Bleiberecht? Nur um einen Streit in der Koalition zu verhindern?

Josef Ackerl: Die SPÖ verhält sich bedauerlicherweise sehr uneinheitlich, weil die Zustimmung zum derzeitigen Fremdenrecht viele einen Gesichtsverlust befürchten lässt. Nachdem doch sehr viel öffentlich über andere Koalitionsthemen diskutiert wird, kann ein Streit kein Grund für das derzeitige Verhalten sein.

SPIESS: Wie groß schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass der Kanzler sich Ihre Meinung zur Integrationsfrage als Vorbild nimmt?

Josef Ackerl: Ich glaube, dass Alfred Gusenbauer sich im Hintergrund bemüht die Praxis des derzeitigen Vollzuges zu verändern, ich glaube aber nicht, dass er sich öffentlich meinen Positionen so rasch annähern wird. Es wird eher deutlicherer Signale der Kirchen, der Gewerkschaften und anderer Organisationen bedürfen um eine Haltungsänderung der gesamten Koalition zu erreichen.

ModeratorIn: Welche Signale würden Sie sich da wünschen?

Josef Ackerl: Dass die österreichische Bischofskonferenz eine deutliche Ansage zum Bleiberecht macht, dass die Gewerkschaften und die Unternehmerverbände die Koalition auffordern eine Stichtagsregelung für einen berechtigten Aufenthalt herbeizuführen, und dass nicht immer nur die üblichen Verdächtigen, wie Volkshilfe, Caritas, Diakonie und SOS, diese Ansinnen stellen.

Heidelbeere: Lieber Herr Ackerl. Glauben Sie, dass es letzendlich zu sowas wie einer "Amnestie" für Asylwerber kommen wird, die schon länger als xy Jahre im Land leben?

Josef Ackerl: Zuerst möchte ich zum Wort "Amnestie" sagen, dass nur Menschen die etwas angestellt haben, also verurteilt wurden, eine Amnestie brauchen, Flucht ist kein Verbrechen, egal aus welchen Gründen. Ich glaube, dass es aus praktischen Gründen dazu kommen muss, weil die rechtlichen Instanzen nicht in der Lage sind, Verfahren in einem akzeptablen Zeitraum zu beenden.

wanna saysomethingtoo: Wenn Sie über Bleiberecht sprechen, geht es immer nur um Asylanten, oder sind alle, die länger in österreich leben (Studenten, Forscher, Familienangehöreige, ...) gmeint? Ich habe in österreicht studiert, teilweise gearbeitet, bin schon seit mehr al

Josef Ackerl: Ich meine nicht nur Asylwerber, sondern auch jene Menschen die aufgrund von einer Ehe mit einem ausländischen PartnerIn ein Problem haben.

ModeratorIn: UserInnenfrage per Mail: Gehen Sie bei den Demos mit bzw. wird in Oberösterreich demonstriert?

Josef Ackerl: Ich war bei der Demonstration in Frankenburg dabei und habe geredet und werde morgen in Linz dabei sein und ebenfalls reden.

gundelGaukelei1: Was sagen sie zum Verhalten von Landeshauptmann Pühringer zu den Vorfällen? Würden sie sich mehr Einsatz von ihm erwarten?

Josef Ackerl: Ich glaube, dass der Landeshauptmann aufgrund seiner Koalitionssituation in OÖ (mit den Grünen) und seiner politischen Einschätzung, dass es wichtig ist, auch den rechten Rand der ÖVP zu bedienen eine etwas eigenartige Position einnimmt. er müsste öffentlich dafür eintreten, dass die ganze Familie Zogaj bei uns auf Dauer leben kann, nicht immer nur wie sein Landesrat Stockinger noch die Rückkehr der beiden kleinen Buben befürworten.

sepp schilehrer: Befürchten Sie nicht, dass eine "Amnestie" für illegal eingereiste, geschleppte Personen eine Migrationsflut in unser Land auslösen würde?

Josef Ackerl: Nein, weil es sich auch bei anderen Staaten gezeigt hat, dass eine Stichtagsregelung die richtige Möglichkeit ist, ein Gesetz auch wirksam anwenden zu können. Im Übrigen hat z.B. der Wirtschaftsminister die Genehmigung von zusätzlichen 6000 ausländischen ArbeitnehmerInnen für die österreichische Wirtschaft angekündigt. Vielleicht brauchen wir ein besseres Zuwanderungsgesetz.

Peter Silie #1: Setzt nicht die SPÖ derzeit durch das Beharren auf den Fremdengesetzen die schwarzblauorange Politik fort?

Josef Ackerl: Eigentlich schon, obwohl große Teile der SPÖ eine Veränderung des derzeitigen Gesetzes wollen.

Kiembeni: Warum hat die SPÖ ohne ersichtlichen Grund (war in Opposition) für dieses außerst schlechte Gesetz gestimmt?

Josef Ackerl: Es hat im ursprünglichen Entwurf einige positive Veränderungen gegeben und man wollte sich in dieser Frage offensichtlich keine Blöße geben. Ich halte die Zustimmung nach wie vor für falsch.

Dr. Zeisig: Der Kärntner Landeshauptmann möchte abgelehnte Asylwerber mit einer Rückkehrerprämie dafür belohnen, dass sie in ihrer ursprünglichen Heimat ein neues Leben beginnen. Was halten Sie von dieser Idee, Dr. Haider ist immerhin gebürtiger Oberösterreiche

Josef Ackerl: Ich möchte Herrn Haider Jörg keine Rückkehrprämie nach OÖ zahlen, er ist ja der prominenteste innerösterreichische Flüchtling, sein Fluchtgrund war offensichtlich auch ein politischer, mit Sicherheit aber auch ein wirtschaftlicher. Eine Rückkehrprämie oder eine Starthilfe in der alten Heimat ist auch eine Möglichkeit, aber sicher genau so mit Fragezeichen zu versehen, wie alles, das mit individueller Hilfestellung zu tun hat.

Dr. Zeisig: Herr Dr. Ackerl, ich bewundere Sie, wie Sie sofort auf den Populismus-Zug aufgesprungen sind, der von den Beoulevard-Medien Krone und Österreich in Bewegung gesetzt wurde in Sachen Zogaj. War das nicht ein wenig heuchlerisch?

Josef Ackerl: Im Gegensatz zu vielen Menschen die sich erst jetzt bemerkbar gemacht haben, habe ich nachweislich seit langer Zeit diese Position vertreten, unter anderem auch während der Regierungsverhandlungen und mich auch dazu öffentlich geäußert. Mangels Arigona wurden diese Stellungnahmen aber nicht so öffentlich aufgenommen, wie es derzeit der Fall ist. Es ist der populistische Humanismus dieser Medien immerhin besser wie vieles was vorher gelaufen ist.

SPIESS: Würden Sie, als letztes Mittel gegen eine Abschiebung Arigonas, das Mädchen auch adoptieren? Wenn nein, warum nicht?

Josef Ackerl: Ich habe über diese Frage schon nachgedacht, aber muss man eine intakte Familie zerstören um ein unwürdiges Gesetz zu umgehen? Das ist der falsche Weg, weil dann müsste ich, oder es müssten andere hunderte Kinder adoptieren.

FlorianHolzer: sie wohnen ja in einer großen villa. würden sie eine flüchtlingsfamilie aufnehmen?

Josef Ackerl: Ich wohne in keiner großen Villa.

asinus: Was bedeutete bitte Ihre Äußerung, dass Minister Platter gut für die SPÖ sei? Musste man da Parteipolitik hineinbringen?

Josef Ackerl: Was ist in der Bundespolitik und auch in Flüchtlingsfragen nicht auch Parteipolitik? Ich hätte auch sagen können, Platter soll bleiben, weil er ein Minister des Koalitionspartners ist, oder weil er seine Arbeit so erledigt wie man es von einem konservativen Innenminister erwarten kann. Armin Wolf wollte ja von mir eine parteipolitische Antwort.

Peter Silie #1: Herr Landesrat, was halten Sie von einem Gesetz, das von „grauslicher“ Abschiebung und unmenschlicher Zerstörung von Familien bis humaner Anwendung des Bleiberechts alles erlaubt, je nachdem, ob der Innenminister den Hardlinern zuzurechnen ist oder

Josef Ackerl: Ich glaube, das Gesetz ist deswegen schlecht, weil es im Rahmen seiner Umsetzung zu kompliziert ist und für Härtefälle keine demonstrativen Aufzählungen von Gründen vorsieht die ein Bleiberecht ermöglichen. Es muss daher einen besseren rechtlichen Rahmen geben und ein inhaltlich auf die österreichische Entwicklung abgestimmtes Zuwanderungsgesetz.

Abdul Alhazred: Hat die Idee, dass Gemeinden das letzte Wort über das Bleiberecht erhalten sollen, noch eine Chance? Denn die wissen wohl am ehesten, ob ein Asylant sich gut integriert hat, oder ob es ein integrationsunwilliger ist, der seiner Familie zB Deutsch ve

Josef Ackerl: Ich habe sehr bewusst viele Familien als Flüchtlinge im Rahmen der Grundversorgung in kleinen und mittleren Gemeinden unterbringen lassen, weil mir die dabei besseren Möglichkeiten zur Integration seit langem bekannt sind. Daher sollen die Gemeinden eine Stellungnahme abgeben können.

pixie1: Glauben Sie, ist es im Moment klüger im Untergrund zu bleiben oder sich wegen des Aufenthalts den Behörden zu stellen? Wird es vielleicht in Zukunft humanere Gesetze geben und es macht Sinn zu warten?

Josef Ackerl: Ich kann keine Empfehlungen aussprechen, die die Illegalität der Anwesenheit legitimieren, aber meine Bereitschaft deutlich machen an einer Stichtagsregelung für ein Aufenthalts- und Bleiberecht mitzuarbeiten, dass diesen Menschen eine legale Lebenssituation ermöglicht.

Peter Silie #1: Herr Landesrat, welche Aktivitäten werden Sie setzen, um in der SPÖ eine Mehrheit für das Bleiberecht zu erwirken?

Josef Ackerl: Ich werde im Parteivorstand zum 3. Mal in diesem Jahr dafür eintreten, dass das Gesetz geändert wird und sofort die Praxis des Innenministeriums Familien abzuschieben beendet wird.

gundelGaukelei1: Immer wieder kommt die Forderung auf, dass Platter zurücktreten soll - auch von ihrer eigenen Parteijugend in Linz. Was sagen sie dazu?

Josef Ackerl: Nachdem Platter sich so verhält wie es das Gesetz ihm in seiner Auslegung ermöglicht, halte ich nichts von Rücktrittsaufforderungen, sondern trete für eine Änderung der Praxis und des Gesetzes ein.

Gusti Rentner: Warum hängt, Ihrer Meinung nach, BMI Platter so an einem Gesetz, dessen Auswirkungen selbst die bislang nicht ausländerfreundliche "Kronen-Zeitung" nicht mehr kalt lässt ?

Josef Ackerl: Weil es immer noch attraktiv ist, um jene Menschen als Wähler zu buhlen die sich durch eine Anwesenheit von Zuwanderern und Flüchtlingen sozial gefährdet fühlen, oder deren innere Einstellung eine aus der Geschichte bekannte Prägung besitzt.

gundelGaukelei1: Ist die SPÖ jetzt froh, nicht den Innenminister zu stellen?

Josef Ackerl: Ich bin nicht froh, andere vielleicht schon.

Peter Silie #1: Herr Landesrat, wenn die Entscheidung bei den Bürgermeistern liegen, dann gute Nacht! In meiner Nachbargemeinde würde der FPÖ-BM jetzt schon am liebsten alles abschieben!

Josef Ackerl: Nicht die Entscheidung, aber eine Stellungnahmemöglichkeit muss es geben, wir haben ja auch die Notwendigkeit, die Möglichkeiten einer Gemeinde für die Integration von ZuwanderInnen zu nutzen. Und es ist allemal wichtig, im Wohn- und Arbeitsumfeld, im Schul- und Freizeitbereich eine positive Stimmung herbeizuführen.

Heuschrecke: So weit ich über diesen Fall informiert bin, hat Herr Zogaj seine Familie illegal nach Österreich geholt, nachdem bereits sein Asylverfahren negativ bewertet wurde. Trifft nicht den Vater selbst dadurch die größte Verantwortung im Falle seiner Famil

Josef Ackerl: Selbstverständlich hat Herr Zogaj die rechtlichen Möglichkeiten benützt um seinen Aufenthalt bei uns auszudehnen und seine Familie nachzuholen. Aber das ist ja das Schöne an einem Rechtsstaat, dass es möglich ist auch in schwierigen Situationen Unterstützung zu finden. Herr Zogaj hat im Übrigen immer gearbeitet, seine Familie selbst erhalten und damit gezeigt, dass er sich integrieren will. Im Kosovo ist halt das Leben wirklich schwer und viele sind deswegen weggegangen weil sie für sich und ihre Familien keine Zukunft sahen.

Maria S.: Es ist für ein Wohlstandsland wie Österreich ein Skandal wie mit dieser kosovarischen Familie umgesprungen wird. Sollten nicht alle Zugewanderten, die ihren Lebensuntrhalt selbst bestreiten können, ohne auf die Hilfe der Allgemeinheit angewiesen zu

Josef Ackerl: Grundsätzlich, Ja, aber mit einer Stichtagsregelung und mit entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, weil es auch eine Frage der Möglichkeiten eines Gemeinwesens ist, wie viel Zuzug, legal und illegal, in einem Jahr verkraftet werden kann.

Gusti Rentner: Glauben Sie, dass Arigona Zogajs spektakulärer Gang an die Öffentlichkeit anderen in ähnlicher Lage wie Familie Zojaj befindlichen Menschen zumindest mittelfristig helfen wird ?

Josef Ackerl: Ja, weil die Not der von der Abschiebung bedrohten Menschen ein Gesicht bekommen hat.

vipderdenker: Ich habe ja kein Problem wenn Asylwerber in Österreich bleiben können, aber wenn der Asylantrag abgelehnt wird, hat eine Abschiebung zu erfolgen oder brauchen wir uns an Gesetze nicht mehr halten?

Josef Ackerl: Der Innenminister hat die Möglichkeit ein humanitäres Aufenthaltsrecht zu erteilen. Er tut dies in mehreren 100 Fällen im Jahr, aber gerade bei gut integrierten Familien interessanterweise nicht. Wir haben in vielen Gemeinden durch die Kinder dieser Familien in den Schulen Klassen geteilt und werden gerade aus den Schulen für das Bleiberecht sehr positiv unterstützt.

Theobald Tiger: Ist Immigration unter der falschen Flagge des Asyls nicht nur ein business mit hoher Rendite für Schlepper, Anwälte etc? Kommen auf diesem Weg wirklich die Menschen, die Österreich gerne aufnimmt? Sollten wir nicht statt dessen ein Einwanderungsgese

Josef Ackerl: Sie haben Recht, wir würden ein gutes Zuwanderungsgesetz benötigen, in dem auch das Bleiberecht für Flüchtlinge geregelt werden kann. Die Flüchtlingszahlen gehen sowieso aufgrund der fortschreitenden EU-Integration stark zurück. Ohne Zuwanderung wird unser soziales System auf Dauer weit schwerer zu organisieren sein.

himmel****und zwirn: Herr Dr. Ackerl, geben Sie ein deutliches Signal, dass Ihnen die Fremden wirklich ein Anliegen sind und legen Sie alle Ihre Ämter zurück - solange dieses unmenschliche Fremdenrecht nicht repariert wird! Wenn Sie finanzielle Unterstützung für diesen

Josef Ackerl: Tut mir leid, ich bin in OÖ nicht nur für die Fremden zuständig.

ModeratorIn: Wir bedanken uns herzliche bei Josef Ackerl fürs Kommen und bei den UserInnen fürs Mitchatten und Diskutieren. Einen schönen Nachmittag noch.

Josef Ackerl: Ich danke für die spannenden Beiträge und gehe in den Parteivorstand.