Paris - Eine vom französischen Ex-Premier Edouard Balladur (UMP) geleitete Expertenkommission zur Verfassungsreform hat sich für eine Verstärkung der Rolle des Präsidenten in Frankreich ausgesprochen. Dies schreibt die Pariser Tageszeitung "Le Monde" in ihrer Sonntagsausgabe. Offiziell soll der Expertenbericht erst in der nächsten Woche Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) überreicht werden.

Zwei fünfjährige Mandate

Den Angaben zufolge schlägt Balladurs Kommission eine Abänderung von Artikel 20 der Verfassung vor, welcher gegenwärtig vorschreibt: "Die Regierung bestimnmt und führt die Politik der Nation". Das Wort "Regierung" soll laut Reformvorschlag durch "Präsident" ersetzt werden. Der Regierung soll dagegen die "Umsetzung" der Politik des Präsidenten verbleiben. Überdies soll die Amtsdauer eines Präsidenten auf zwei fünfjährige Mandate eingeschränkt werden.

Weiter ist vorgesehen, dass sich der Präsident der Republik künftig entsprechend den Wünschen Sarkozys in der Nationalversammlung und im Senat direkt an die Parlamentarier richten kann. Diese Rolle ist gegenwärtig dem Premier und seinen Ministern vorbehalten. Beibehalten bleiben soll im Reformvorschlag dagegen die Vollmacht des Präsidenten, wonach er nach eigenem Ermessen die Nationalversammlung (nicht aber den Senat) auflösen und somit vorgezogene Parlamentswahlen herbeiführen kann.

US-amerikanisches Modell

Sarkozy hat seit seiner Amtseinsetzung im Mai bereits mehrmals eine Stärkung der Rolle des Präsidenten nach US-amerikanischem Modell in Aussicht gestellt. Die gegenwärtige Verfassung der Fünften Republik, die von General Charles de Gaulle stammt, sieht eine Teilung der Exekutivmacht zwischen dem Präsidenten und der Regierung vor. Demnach gibt der Präsident die großen politischen Richtlinien vor, die dann der Premier umsetzt. Vor dem Parlament sind gegenwärtig allein der Premier und seine Regierung verantwortlich. Die Nationalversammlung kann das Kabinett durch einen Misstrauensantrag stürzen.

Balladurs Reform sieht aber auch eine Verstärkung der Befugnisse des Parlaments vor, das nämlich derzeit nicht annähernd so weitreichende Befugnisse wie der US-Kongress hat und zu den schwächsten Volksvertretungen Europas zählt. So soll die Festlegung der Tagesordnung, die gegenwärtig allein der Regierung zusteht, künftig teilweise auf die Nationalversammlung übertragen werden. Die Möglichkeit der Regierung, Gesetze im Dringlichkeitsverfahren ohne Parlamentsabstimmung umzusetzen, soll auf das Budget- und sozialversicherungsrechtliche Fragen beschränkt werden. (APA)