Rot-Schwarz will in Koordination mit den verschiedenen Religionen sowie Experten bessere Politik machen - eine EU-Studie zeigt den hohen Bedarf.

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Drinnen herrschte Aufbruchstimmung, draußen Unmut: FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache schimpfte über die "Beschönigungs-PR-Aktion der Koalition", BZÖ-Chef Peter Westenthaler kritisierte den "Stil der Regierung". Die Grünen waren enttäuscht. "Sie wollen sich mit unseren Vorschlägen nicht auseinandersetzen", sagte die Wiener Klubobfrau Maria Vassilakou.

Anlass für die Beschwerden: Für Montagabend hatten Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und sein Vize Wilhelm Molterer (ÖVP) in den Rittersaal des Palais Niederösterreich geladen, zum Auftakt für die von der Koalition nach der Festnahme von drei Islamisten im September ausgerufenen "Integrationsplattform".

"Tiefgehende Diskussion"

Die Großveranstaltung, zu der Vertreter der Glaubensgemeinschaften, Migrantenvereine sowie die Sozialpartner geladen waren, eröffnete der Kanzler. Er erwarte sich eine "tiefgehende und problemorientierte Diskussion", erklärte Gusenbauer. Durch die Einbeziehung von Experten aus der Praxis solle es zu keinem Ideologienstreit, sondern zu einem Austausch von "praktischen Erfahrungen" bei der Integration kommen. Er selbst wünsche sich, dass "die Bildungschancen von Migranten erhöht werden". Denn diese seien an höheren Schulen und Unis "immer noch unterrepräsentiert". Vizekanzler Wilhelm Molterer mahnte ein, dass "eine Ghettobildung beim Wohnen und in den Schulklassen zu vermeiden" sei. In den vergangenen Monaten hatten sowohl Molterer als auch Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer und Staatssekretärin Christine Marek Quoten für Schulen angeregt, damit nicht mehr so viele Migrantenkinder in den einzelnen Klassen unterrichtet werden. Geht es nach der ÖVP, sollen dort maximal 30 Prozent Schüler "nichtdeutscher Muttersprache" sitzen.

Schon zuvor hatte die SPÖ aber klargestellt: "Wir sollten diese Diskussion nicht mit einer neuen Quotendiskussion beginnen", meinten Gusenbauer und Wiens Bürgermeister Michael Häupl.

Fest steht jedoch: Dass das Integrationsgremium halbjährlich zusammentritt und dass bei dieser Gelegenheit NGOs und Migrationsfachleute der Regierung ihre Vorschläge unterbreiten dürfen.

Tempo

Dabei täte ein zügigeres Tempo Not. Am Montag störte eine Studie des British Council, die in Zusammenarbeit mit der Migration Integration Policy Group in Brüssel vorgestellt wurde, die zur Schau getragene Harmonie im Rittersaal: Denn die Untersuchung zeigt, dass Österreich in Europa mit der Slowakei, Griechenland und Zypern zu jenen Ländern gehört, in denen für Ausländer besonders schlechte Integrationsbedingungen herrschen. Anhand von 140 Indikatoren errechneten die Studienautoren, dass Österreich seinen Zuwanderern den Zugang zum Arbeitsmarkt besonders erschwert und diese gegen Diskriminierung nicht besonders gut geschützt sind. Schlusslicht ist das Land auch beim Zugang zur Staatsbürgerschaft, die in den meisten Fällen erst nach zehn Jahren beantragt werden kann.

Anas Schakfeh, Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, wünscht sich von der Plattform nun "Lösungen, damit Migranten bei der Bildung und am Arbeitsmarkt nicht mehr länger benachteiligt werden". Worüber er eher nicht reden will: "Moscheen und Minarette".

Immerhin: Nach Bundespräsident Heinz Fischer und Oberösterreichs Soziallandesrat Josef Ackerl trat Montag die dritte Sozialdemokratin für ein Bleiberecht für Asylwerber ein: Menschenrechtssprecherin Marianne Hagenhofer. (von Peter Mayr und Nina Weißensteiner /DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2007)