Lichtenberg: "As Happy As I Can" (Schiff Ahoi Schallplatten/Soul Seduction 2007)

Coverfoto: Schiff Ahoi Schallplatten
Der Wahlwiener Franz Reisecker, alias Lichtenberg, bringt heuer nach dem im Frühsommer erschienenem "Don´t Let Them Down" bereits sein zweites Album innerhalb eines halben Jahres auf den Markt. "As Happy As I Can" stellt eine Art "Best Of"-Album dar. Die Aneinanderreihung älterer Stücke muss man allerdings nicht befürchten. Reisecker gelingt es immer wieder, sich neu zu erfinden. Was man schon zu kennen glaubt, wird weiter entwickelt, ausformuliert, neu eingespielt, neu betitelt und zum Teil auch radikal verändert.

Dass sich der 44jährige Soundtüftler in mehreren Genres zu Hause fühlt, zeigen schon die Stationen, die er als Musiker durchlaufen hat. Als Mastermind von "Mastalsky" und "Trio Exklusiv", Wegbegleiter des "Orchester 33 1/3" und zu Beginn seiner Musikerkarriere als Gitarrist der "Occidential Blue Harmony Lovers" hat sich der gelernte Uhrmacher schon viele musikalische Heimaten erschlossen.

Vom Einzelgänger zum Mitspieler

Das Projekt Lichtenberg, von Reisecker und seinem Mac 1997 – also vor zehn Jahren - ins Leben gerufen, konzentrierte sich mit dem Album "Music For Refreshing The Systems" auf reinen Elektroniksound: Er und sein Rechner bestritten die Life Performance und waren sich genug. Mittlerweile ist Lichtenberg zur Band herangewachsen: Günther Castanetti (Schlagzeug), Stefan Deisenberger (Elektronik und Balalaika) und Martin Mitterstieler (Bass, Vocals) sorgen seit der CD "Flimmern" für physisch verstärkte Bühnenpräsenz.

Obwohl als Rückschau auf die fünf vorhergegangenen Alben konzipiert, ergibt "As Happy As I Can" ein kompaktes Album. Lediglich der Opener "Am Fluss", bei dem Stermann und Grissemann Lichtenberg ihre Stimme borgen, reiht sich nicht nahtlos ins musikalische Konzept. Dass die beiden Moderatoren nicht unbedingt geborene Sänger sind, haben sie schon mit "Das schönste Ding der Welt" gezeigt. Dennoch gelingt es ihnen in diesem Fall, aus einem schönen Stück Musik und einem hörenswerten Text etwas Besonderes zu machen: "Utopic", dem Debut Album - damals "happy as I can" betitelt - entnommen und vollkommen überarbeitet, mutiert zu einem überraschend poppigem Song.

Reminiszenz an die Vergangenheit

Gleich vier Stücke sind schon vom Vorgängeralbum "Don´t Let Them Down" bekannt. Reiseckers Erklärung für den Schaffensdrang ist plausibel und schlägt sich auch hörbar nieder: "In der Musik passiert immer etwas. Dinge, Zugänge verändern sich, auch in nur einem halben Jahr". "Adele 2", der Song über Gustav Klimts Muse, aber auch das wunderschöne, von Eva Jantschitsch (Gustav) in einer Phantasiesprache gesungene "Yola 2", "B Picture vol.3" (featuring Markus Binder/Attwenger) zeigen aber auch, dass die Veränderungen subtiler werden.

Wer mit dem ersten Projekt ("Music For Refreshing The Systems") vergleicht, nimmt wahr, dass die Dimension der Veränderung selbstverständlich eine andere ist, wenn zehn Jahre verstreichen. Dass sich bei Lichtenberg auch in kurzer Zeit etwas bewegt, ist allerdings deutlich zu hören. "The Monkey" ging aus "Seven" hervor. Einst ein ziemlich düsterer Part, nimmt sich das neu kreierte Stück nun gerade zu heiter aus. Orchestrale Elemente sorgen für gelassene Stimmung und sanften Drive.

Neues Gewand für satte Klänge

Satt rollende Sounds sind reduzierter, kommen direkt und scheinbar spontan auf den Hörer zu. "Lost", die einzig wirklich neue Lichtenberg-Komposition (einmal abgesehen vom Opener) ergreift fließend, als breites, entspanntes Instrumentalstück Raum. "Rigoletto 2", ist ein Stück, das Reisecker schon lange am Herzen liegt. Durch seine Radiopräsenz vor zehn Jahren und die zusätzliche Verwendung in der Werbung musste der Sound lange darauf warten, um in ein neues Gewand gesteckt zu werden. Der Song entführt in die sphärische Welt von Lichtenbergs Anfangszeiten. Auch "Lost&found" ist eine Reminiszenz an diese Periode. Das beste Beispiel, dass Vergangenes nicht verloren sein muss, sondern wiederentdeckt und neu formuliert an Qualität gewinnen kann.

Fazit: Eine CD für alle, die Lichtenberg kennen und neu zu entdecken bereit sind (schade dass er dabei auf "Five Lives" vergessen hat). Für alle anderen eine Gelegenheit einen Künstler kennen zu lernen, der kompromisslos seiner Wege geht und lustvoll Sounds auseinander nimmt, um sie immer wieder aufs Neue zusammenzufügen. (mareb)