Zürich/München/Berlin/Madrid - Der 17. Parteitag der chinesischen Kommunisten in Peking ist Gegenstand von zahlreichen internationalen Pressekommentaren:

"Neue Zürcher Zeitung" (NZZ):

"Alle Konzepte dienen offensichtlich dazu, besser der Tatsache gerecht zu werden, dass die heutigen Realitäten in China mit den traditionellen Vorstellungen des Marxismus-Leninismus nur noch die Organisationsform der KPCh gemein haben, die Partei aber ihren politischen Führungsanspruch keinesfalls infrage stellen lassen will. (...) Weil ihr Machtmonopol so absolut ist, tut sich die Partei schwer mit 'Checks and Balances' und Transparenz. Rechtssicherheit und Korruptionsbekämpfung sind zwar in der offiziellen Parteisprache ein Gebot der Stunde. Doch es bleibt ein Geheimnis, wie die Partei solches ohne weitergehende institutionelle Reformen, mehr Wettbewerb und ohne mehr Transparenz und freiere Medien gewährleisten kann."

"Süddeutsche Zeitung" (München):

"Mit besänftigenden Parolen will Chinas Führung auf dem Parteitag die zunehmenden sozialen Spannungen kaschieren. (...) Während die wichtigen Entscheidungen wie zu Maos Zeiten hinter verschlossenen Türen getroffen werden, dient der KP-Parteitag den Spitzengenossen zur öffentlichen Demonstration ihrer Macht. Es wird donnernden Applaus geben, wenn Hu Jintao seine Grundsatzrede beendet hat. Mit Spannung wird jedoch erwartet, ob es ihm gelingen wird, seine ideologischen Schlagwörter in die Parteiverfassung schreiben zu lassen. Sie lauten 'Harmonie' und 'wissenschaftliche Entwicklung'. Das rasante Wirtschaftswachstum Chinas, das sich immer weiter zu beschleunigen scheint, hat das soziale Gefüge gründlich durcheinandergerüttelt. (...) Der Kampf um die richtigen Begriffe ist ebenso ein Ritual der Macht, wie die Anweisung an alle Chefredakteure des Landes, in diesen Tagen ein Foto des Parteichefs auf der Titelseite zu drucken."

"Der Tagesspiegel" (Berlin):

"Als sicher gilt, dass Chinas starker Mann Hu Jintao für weitere fünf Jahre in seinen Ämtern bestätigt wird. Offen ist, ob und wie weit Hu auf dem Parteikongress seine Machtbasis ausbauen kann. Der 64-Jährige war 2002 als Nachfolger von Jiang Zemin angetreten, der mehr als zehn Jahre an der Spitze stand. Zwar bekleidet Jiang kein offizielles Amt mehr. Hinter den Kulissen und durch alte Seilschaften verfügt der 81-Jährige jedoch über bedeutenden Einfluss. Hu wird versuchen, seine Macht auf zwei Arten zu festigen: ideologisch und personell.

Die handverlesenen Delegierten - darunter Modellarbeiter, Musterbauern und einige Privatunternehmer - werden Hus politische Doktrin der 'wissenschaftlichen Entwicklungsansicht' und der 'harmonischen Gesellschaft' im Parteistatut festschreiben. Hinter den beiden Schlagworten steht die Idee, dass China sich künftig umwelt- und sozialverträglicher entwickeln muss und die Wohlstandskluft nicht zu groß werden darf. Ob und wieviel von dieser Politik in der Realität umgesetzt wird, ist zweitrangig. Indem Hu seine Politik in die Parteiverfassung schreiben lässt, stellt er sich auf die gleiche Stufe wie die großen Vorgänger Mao Zedong, Deng Xiaoping und eben auch Jiang Zemin."

"El País" (Madrid):

"Zu den Olympischen Spielen im kommenden Jahr in Peking will China sich als ein offenes Land präsentieren. Dieser Vorsatz steht jedoch in scharfem Kontrast zur Geheimniskrämerei und zur Verschlossenheit, die den Parteitag umgeben. Dies war auch bei den 16 vorangegangenen Parteitagen so gewesen. China will in diesem Jahrhundert den USA die Position als weltweite Supermacht streitig machen. Dazu wird es jedoch seine Verschlossenheit überwinden und politische Freiheiten zulassen müssen. Dies wird auf dem Parteitag nicht geschehen. Peking hielt nicht einmal die Zusagen ein, die es bei der Vergabe der Olympischen Spiele gemacht hatte. Dissidenten werden weiter verfolgt, der Zugang zum Internet ist eingeschränkt, und Todesurteile werden in großer Zahl vollstreckt." (APA/Reuters)