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Foto: AP Photo/Michael Probst
Klagenfurt/Wien - Warum tierische Nahrungsmittel - von der Kuhmilch bis zum Schalentier - in unterschiedlichem Ausmaß allergische Reaktionen auslösen, haben Wissenschafter der Medizinischen Universität Wien und des Institute of Food Research im englischen Norwich herausgefunden: Der Grad der Verwandtschaft von Proteinen in tierischen Nahrungsmitteln zu menschlichen Proteinen bestimme, ob Allergiker gegen diese Proteine eine Allergie entwickeln oder nicht. Die Studie wurde in der international renommierten Fachzeitschrift "The Journal of Allergy and Clinical Immunology" publiziert.

In der bisher gängigen Theorie besitzen alle Proteine das Potenzial, als Allergene zu wirken. "Die tatsächliche Fähigkeit eines tierischen Nahrungsmittelproteins, allergen wirksam zu werden, hängt aber von der entwicklungsgeschichtlichen Distanz zu einem entsprechenden menschlichen Protein ab", erklärte Heimo Breiteneder vom Institut für Pathophysiologie der Medizinischen Universität Wien.

Wichtiger Schwellenwert

Die Forschergruppe hat herausgefunden, dass nur tierische Nahrungsmittelproteine allergen wirksam werden können, wenn sie weniger als 54 Prozent Übereinstimmung mit einem entsprechenden menschlichen Protein aufweisen. "Das erklärt, warum Menschen mit einer Kuhmilchallergie oft Stutenmilch, aber keine Ziegenmilch vertragen", erläuterte die englische Forscherin Clare Mills. "Proteine in der Stutenmilch sind bis zu 66 Prozent identisch mit Proteinen in der menschlichen Milch. Bekannte Allergene der Kuh- und Ziegenmilch sind alle zu weniger als 53 Prozent identisch mit korrespondierenden menschlichen Proteinen."

Zum ersten Mal fanden die Wissenschafter auch heraus, dass sich die Mehrheit tierischer Nahrungsmittelallergene zu einer von insgesamt drei Proteinfamilien zuordnen ließen. Die wichtigste Familie stellen die Tropomyosine, Proteine die man im Muskelgewebe findet, dar.

Proteinfamilien

"Tropomyosine von Säugetieren, Fischen und Vögeln sind mindestens zu 90 Prozent identisch mit mindestens einem menschlichen Tropomyosin und wurden daher auch nie als Allergene beschrieben. Im Gegensatz dazu stammen alle allergenen Tropomyosine von Wirbellosen wie Insekten, Schalentieren oder Fadenwürmern und weisen eine Identität von höchstens 55 Prozent zu den menschlichen Homologen auf", sagte Breiteneder. Deshalb könnten Allergiker besonders stark auf Tropomyosine in Garnelen oder Hummern reagieren, während Tropomyosine in Hühnerfleisch keine Reaktionen verursachten.

Die zweitgrößte tierische Allergenfamilie sind die "EF-Hand"-Proteine. Jene von Vögeln und Säugetieren sind nicht allergen, während die von Fischen häufig Allergien auslösen. Die drittgrößte tierische Allergenfamilie, die Kaseine, sind allesamt Proteine aus Säugetiermilch. Die Wissenschafter untersuchten Milch von Kaninchen, Ratten und Kamelen, sowie von Schafen, Ziegen, Kühen und Pferden.

"Am Limit"

"Tierische Allergene liegen am Limit der Fähigkeit des menschlichen Immunsystems, zwischen Fremd und Selbst zu unterscheiden", meinte Mills. In früheren Studien über pflanzliche Allergene aus dem Jahr 2005 hatten die Forscher herausgefunden, dass auch diese einer stark begrenzten Anzahl von Proteinfamilien zuzurechnen waren. Die neuen Erkenntnisse könnten es in Zukunft einfacher machen, potenzielle Allergene zu identifizieren. (APA)