Substanzen im "antiken Viagra" werden im Blut zum Botenstoff Schwefelwasserstoff umgewandelt. Und das tut uns gut.

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Nun konnten US-amerikanische Forscher das Geheimnis lüften.

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Washington - Dass der Genuss von Knoblauch neben dem etwas strengen Mundgeruch auch noch allerlei heilsame Nebenwirkungen hat, ist schon lange bekannt. Ägyptische Sklaven, die beim Pyramidenbau eingesetzt wurden, erhielten ihre tägliche Ration: Der Knoblauch sollte sie stärken und ihre Läuse und Darmparasiten vertreiben.

Im Talmud wird sein regelmäßiger Genuss empfohlen, denn das Zwiebelgewächs sättige den Körper, gäbe dem Geist Klarheit, stärke die Manneskraft und reinige den Darm. Im Mittelalter wiederum wurde Knoblauchverzehr gegen die Pest empfohlen. Und dass Knoblauch auch gegen Vampire wirkt, kann man in Bram Stokers Dracula nachlesen.

Medizinisch mittlerweile wieder umstritten ist die positive Wirkung von Knoblauch auf den Cholesterinspiegel: Eine im Februar in den Archives of Internal Medicine veröffentlichte Studie ergab keine signifikanten Einflüsse auf HDL, LDL, Gesamtcholesterin und Triglyceride.

Gut für die Blutgefäße

Bleiben neben antibakteriellen Effekten der "weißen Zwiebel" noch die heilsame Wirkung auf die Blutgefäße und den Blutkreislauf, die wissenschaftlich bislang allerdings noch nicht wirklich erklärt werden konnte.

Doch nun konnte ein US-Forscherteam der University of Alabama in Birmingham das mehr oder weniger übel riechende Geheimnis lüften. Den Untersuchungen von Gloria Benavides und Kollegen zufolge werden die chemischen Substanzen des Zwiebelgewächses von den roten Blutzellen nämlich in den Botenstoff Schwefelwasserstoff H2S verwandelt.

Das Team hatte im Labor Spuren von Knoblauchsaft zu roten Blutzellen gegeben. Diese sonderten unverzüglich H2S ab, wie die Studienautoren berichten. Weitere Experimente zeigten, dass sich der Umwandlungsprozess vor allem in der Membran der roten Blutzellen abspielt. Schwefelwasserstoff, dieses in natura extrem übel riechende Gas, entspannt die Blutgefäße und verbessert dadurch die Blutzirkulation im Körper, wie die Wissenschafter im Fachblatt PNAS ("Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften) berichten. Ihre Erkenntnis könnte für die Standardisierung von Knoblauchpräparaten verwendet werden, schließen die Forscher. (Klaus Taschwer/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. 10. 2007)