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Vorbild Schweiz: Viel häufiger als in Österreich können Jugendliche gemeinnützig arbeiten, statt Strafen im Gefängnis abzusitzen.

AP Photo/Miguel Villagran
Wien - Justizministerin Maria Berger hat am Wochenende bei der Jugendstrafgesetzgebung die Losung "gemeinnützige Arbeit statt Absitzen im Gefängnis" ausgegeben. Als "großes Vorbild" nannte die Ministerin die Schweiz, da dort "sehr stark auch auf gemeinnützige Arbeit" gesetzt werde. Im Vorjahr waren laut Angaben des Justizministeriums im Schnitt drei Prozent der Häftlinge, also rund 340 Jugendliche, minderjährig. Damit sitzen hierzulande im Vergleich zum "Vorbild" Schweiz deutlich mehr Jugendliche in Haft. Dort waren im Vorjahr rund 0,9 Prozent der Häftlinge minderjährig.

Quote sinkt

Die Situation dürfte sich aber seitdem für die Jugendlichen verbessert haben. Laut aktuellster Aufstellung des Justizministeriums sind mit Stichtag Anfang Oktober 163 Jugendliche in Haft gesessen. Noch im Vorjahr waren von den 2.889 verurteilten jugendlichen Straftätern 209 oder 7,2 Prozent zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Quote der zu einer unbedingten Haft Verurteilten Minderjährigen ist aber von 9,1 im Jahr 2004 auf 7,2 Prozent 2006 gesunken.

Verglichen mit der Schweiz sind aber sowohl die allgemeinen Häftlingszahlen als auch die der jugendlichen Insassen hierzulande deutlich höher. Im Vorjahr zählten die eidgenössischen Haftanstalten laut Schweizer Bundesamt für Statistik 5.888 Insassen, davon waren nicht ganz ein Prozent minderjährig. In Österreich hingegen waren rund drei Prozent der 8.600 Häftlinge unter 18 Jahre. Laut Justizministerium werden österreichische Jugendliche vor allem wegen strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen (46,2 Prozent), Diebstahl (26,3 Prozent) oder strafbarer Handlungen gegen Leib und Leben (22,3 Prozent) verurteilt. Die Schweizer Jugendlichen stehen vor allem wegen Konsum von Betäubungsmittel (27,7 Prozent) und Diebstahl (25,5 Prozent) vor dem Richter.

Vor allem bedingte Strafen

Die Straftaten hatten für die österreichischen Jugendlichen 2006 in erster Linie bedingte Freiheitsstrafen (37,8 Prozent) sowie unbedingte (16,6 Prozent) und bedingte Geldstrafen (12,7 Prozent) zur Folge. Zahlen, wie viele Jugendliche von der derzeitigen Form der Diversion profitieren, liegen nicht vor.

Auch Staatsanwalt Walter Geyer hob das Schweizer Jugendstrafrecht als Vorbild hervor. In der Schweiz würden bei "30 bis 40 Prozent aller Jugendstraffälle" Arbeitsleistungen als Sanktionen festgelegt. In der Schweiz sei das Justizsystem "effizienter", obwohl es weniger hart sei als hierzulande. Haft sei für einen Jugendlichen "eine Schule des Verbrechens", und der Einfluss auf Jugendliche in einem Gefängnis "nicht sehr positiv", was durch gemeinnützige Arbeit verhindert werden könnte, meinte Geyer. Auch jetzt schon würden Jugendliche mit kleinen Delikten etwa in einer Pfarre gemeinnützige Arbeiten verrichten, was der Staatsanwalt für "sinnvoller" hält als diese im Gefängnis unterzubringen.

Skeptisch reagierte hingegen der Koalitionspartner auf den Plan Bergers. VP-Justizsprecher Heribert Donnerbauer verwies darauf, dass es bereits jetzt im Wege der Diversion möglich sei, dem Täter gemeinnützige Arbeit anzubieten und dafür das Strafverfahren fallen zu lassen. Und wenn ein Jugendlicher doch zu Haft verurteilt werde, dann seien das schon relativ schwere Fälle. (APA)