Schwedische Einwanderungsexperten sind verwundert: Ihr Land soll EU-weit am besten darin sein, seine Einwanderer zu integrieren. Schwedens Gesetze und Verordnungen seien mit Abstand die integrationsfreundlichsten in ganz Europa. Dies zeigt eine Brüssler Studie der British Council und der Migration Integration Policy Groupe. Der umfangreiche Report untersuchte die Integrationsregelungen der EU-Mitgliedsstaaten, Norwegens und der Schweiz.

Gerade bei den zentralen Gesetzen und Verordnungen für Einwanderer liegt Schweden weit vorne. Dabei geht es um das Recht von Einwanderern, eine Arbeit annehmen zu dürfen, die Möglichkeiten für einen unbegrenzten Aufenthalt im Gastland, die Chance, dass enge Angehörige nachkommen dürfen wie auch Gesetze gegen Diskriminierung und Rassismus.

Besonders großzügig

Schweden gilt schon seit längerem als besonders großzügig bezüglich der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik. Es war eines der wenigen alten EU-Länder, das auf Übergangsregeln bei der EU-Osterweiterung verzichtet hatte. Das politische Klima im Lande ist eher einwandererfreundlich. Und dies durch alle Reichstagsparteien hindurch. Das nur neuen Millionen Einwohner zählende Land hat alleine rund 60 Prozent aller EU-Flüchtlinge aus dem Irak aufgenommen.

Aber in Schweden will man sich dennoch nicht richtig darüber freuen, europäischer Klassenbester zu sein. Anwälte und Integrationsexperten betonen, dass es in Wirklichkeit bei weitem nicht so rosig sei wie die Studie vermittelt. „Es ist immer interessant, ein vergleichendes Bild unterschiedlicher Länder zu bekommen. Das Problem mit der Studie ist aber, dass sie nichts über die wirklichen Zustände und Resultate der Integrationspolitik aussagt, sondern nur darüber, wie die formellen Systeme aufgebaut sind“, kommentiert Christian Robergh vom schwedischen EU-Projekt Asyl und Integration.

Der Unterschied zwischen formalen Regeln und der Wirklichkeit sei in Schweden sehr groß, so Robergh. Auch wenn Flüchtlinge theoretisch in Schweden arbeiten dürfen, bekommen nur relativ wenige tatsächlich einen Job, zeigt die Statistik. „Laut Einwanderungsbehörde arbeiten von 10.000 bis 15.000 Flüchtlingen in Schweden lediglich 301 Personen“, sagt Robergh.

Auch der vor 18 Jahren nach Schweden gezogene Abdul Yousef hält die Studie für irreführend. „Ich hatte fantastische Möglichkeiten, soziale Sicherheit, aber auf dem Arbeitsmarkt hatte ich nie eine Chance“, sagt er. (André Anwar aus Stockholm/DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2007)