Zur Person: Anthony Patt (42) hat in Harvard studiert und arbeitet am International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA) in Laxenburg. Derzeit leitet er ein EU-finanziertes Forschungsprojekt über Klima/ Entwicklungshilfe.

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Hilfsprojekte müssen künftig mehr auf klimatologische Gegebenheiten abgestellt werden, erklärt der Forscher Anthony Patt im Gespräch mit Johanna Ruzicka. Aber die Datenlage ist dürr.

STANDARD: Die Fähigkeit einer Gesellschaft, sich an den Klimawandel anzupassen, hängt vom Reichtum dieser Gesellschaft ab. Also hat Afrika extrem schlechte Karten?

Patt: Ja, die Probleme in Afrika verschärfen sich durch den Klimawandel noch. Die Klimamodelle zeigen, dass mehr Wärme zu mehr Trockenheit und damit mehr Dürren führt - und die Mehrheit der Afrikaner ist von Landwirtschaft abhängig. Die Ressourcen, sich an diese Gegebenheiten anzupassen, sind oft nicht da.

STANDARD: Stellen denn Hilfsprojekte auf Anpassungsnotwendigkeiten ab?

Patt: Erst in den letzten Jahren haben die Hilfsorganisationen begonnen, bei ihren Projekten mit einzubeziehen, was Klimaveränderungen langfristig für den Projekterfolg bedeuten. Zum Beispiel beim Bau von Staudämmen, da fängt die Weltbank an, auch den Faktor Wasserverfügbarkeit in einem langfristigen Zeitraum mit einzuberechnen. Aber es ist extrem schwierig, weil historische Daten und Erfahrungswerte oft fehlen.

STANDARD: Daten, so sie vorhanden sind, werden also nicht entsprechend genutzt?

Patt: Das ist eine Frage des Wissenstransfers. Es fehlt vielfach an lokalen Experten, um das, was man weiß, auch zu den Betroffenen, etwa den Bauern, zu bringen. Und es ist auch eine Konsequenz des historischen Erbes. In der Kolonialzeit wurden überall meteorologische Stationen gegründet, aber die hatten die Aufgabe, den Flugverkehr mit Informationen zu versorgen. Das war auch in Europa der erste Grund für Wetterstationen, aber im Gegensatz zu Afrika hat man in Europa begonnen, die Daten auch für die Landwirtschaft und andere Sektoren aufzubereiten.

Dazu kommen die vielen Kriege in Afrika, bei denen viele Stationen zerstört wurden. Faktum ist, man weiß über Afrika klimatologisch weniger als über reiche Länder, und das Wenige, das man weiß, dringt nicht zu den Betroffenen vor. STANDARD: Wird jetzt wenigstens bei Hilfsprojekten auf Klimawandel-Probleme geachtet?

Patt: Es gibt erste vielversprechende Projekte. Zum Beispiel in Westafrika. Frankreich hat eine Kooperation zwischen dem französischen Wetterdienst und einer Staudamm-Betreiberfirma initiiert. Dort weiß man mittlerweile viel besser, wie viel Wasser für Bewässerung durchgelassen wird und wie viel in die Stromerzeugung geht. Und es gibt ein paar Pilotprojekte im Agrarbereich.

Ich habe ein Projekt in Simbabwe durchgeführt. Dabei ging es darum, die Bauern bei der Entscheidung zu unterstützen, ob sie eher trockenresistentes Saatgut mit weniger Ertrag anbauen oder wasserdurstiges Saatgut mit höherem Ertrag. So etwas lässt sich nur machen, wenn man Erfahrungswerte hat. Bei dem Projekt kam es danach zu höheren Ernteerträgen. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.10.2007)