Dirk Stermann und Christoph Grissemann bleiben in ihrer "deutschen Kochschau" vor allem dem Geschmack alles schuldig.

Foto: Rabenhof

Wien – Der wahrste Satz des Abends fällt relativ früh: "Kabarett heißt Dulden." Das gibt Kraft, nach der Pause wieder in den Saal zu gehen. Auch das eigene Tun – und Lassen – wird noch in der ersten Hälfte des neuen Programms von Stermann & Grissemann im Wiener Rabenhof pflichtschuldig thematisiert. Früher nannte sich das wohl "Transparentmachung von Produktionsbedingungen".

Ein Themenfeld, das im Kabarett spätestens seit Harald Schmidt zum humoristischen Notnagel zählt. Wenn man schon wieder darauf vergessen hat, ein nicht geschriebenes Programm eventuell schnell noch ein bisschen zu proben: schade, aber prost! Insofern haben sich die beiden in Funk, Fernsehen und auf der Bühne dauerpräsenten wie stinkfaulen Workaholics weiß Gott nichts vorzuwerfen.

Wie Stermann & Grissemann jetzt auch in "Die deutsche Kochschau" sämtliche Beweise schuldig bleiben, dass es in ihnen um etwas anderes als das eigene Scheitern und Unvermögen gehen könnte, hat schon große Klasse. Sich so auf die Bühne zu stellen erfordert Mut. Dieser könnte das Publikum schließlich jederzeit verlassen.

Grissemann als zweimal geschlechtsoperierte Volkshochschulleiterin Martina "Sack" Ziegler und Stermann als zu Tränen rührender Tanzlehrer Manuel warten auf die Dr. Seltsam entsprungenen, einen Kochkurs leiten sollenden Naziköche Sterne- und Grinsemann. Achtung, Sickergrubenwitz: "Ess, ess! I ess a!"

Verstörend! Diese tragen dann als Ster- und Grissemann aus ihren nur unzureichend als druckfrischer Roman "Debilenmilch" getarnten FM4-Reisetagebüchern vor. Was eine Dame im Saal hörbar so sehr verzückt, dass sie einen "kleinen Tod" zu sterben droht. Beneidenswert! Und, Gratulation! Die Strategie des mittlerweile tüchtig Bier und Wein zusprechenden Duos scheint auch 2007 aufzugehen!

Dazwischen werden auch auf YouTube einsehbare Videos wie jene von Grissemann als hinreißend rabiatem Tiroler abgespielt, wird wahnwitzig Önologie betrieben oder Cordoba 1978 als großdeutscher 5:0-Sieg gefeiert. Bedenkenswert auch die Anregung zum Kochen von Eigenblutwurst – oder der Welt einfachstes Rezept: ein Tier anzünden. Das ist schön blöd. (Christian Schachinger / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.10.2007)