Zertifikate haben sich in den vergangenen Jahren einen fixen Platz auf dem Kapitalmarkt gesichert – zum Leidwesen der Fondsbranche. Während die Mittel, die Privatanleger in Fonds investieren, eher stagnieren, haben Zertifikate heuer bereits 20 Prozent mehr Geld angezogen als im Vorjahr. Vielerorts ist daher eine Diskussion darüber ausgebrochen, ob nun Zertifikate oder Fonds das bessere Anlageinstrument sind beziehungsweise welches Produkt das Anlageinstrument der Zukunft sein wird. Ein Vergleich zwischen Fonds und Zertifikaten zeigt, dass beide Instrumente ihre Vor- und Nachteile haben. So sind Fonds steuerlich bessergestellt als Zertifikate, die mit 25 Prozent Kapitalertragsteuer belegt sind. Fast alle in Österreich verkauften Fonds sind hingegen "blütenweiß" und damit – wie die meisten Anleihen und Aktien – endbesteuert. Dafür muss für Zertifikate nur selten ein Ausgabeaufschlag bezahlt werden. Auch eine laufende Managementgebühr wird nicht verrechnet.

Knackpunkt Pleite

Bei Fonds wird das investierte Kapital – anders als bei Zertifikaten – getrennt vom Vermögen des Emittenten verwaltet. Im Fall einer Pleite des Emittenten gilt das Fonds- als Sondervermögen und fällt nicht in die Konkursmasse. Zertifikate dagegen sind von den Emittenten begebene Schuldverschreibungen. Ihre Rückzahlung läuft nicht nach einem festen Kupon ab, wie etwa bei Anleihen, sondern ist an die Wertenwicklung ihres Underlyings,das sich aus Aktien, Indizes, Rohstoffen zusammensetzen kann, gebunden. Rutscht der Emittent in die Pleite, ist das in Zertifikaten veranlagte Vermögen nicht gesichert. Für beide Produkte gilt, dass mittlerweile eine unglaubliche Vielfalt zur Verfügung steht. Österreichische Anleger können derzeit aus über 100.000 Anlagezertifikaten aus Österreich, Deutschland und der Schweiz wählen sowie aus rund 2300 Fonds der heimischen Kapitalanlagegesellschaften und 4300 Fonds ausländischer Anbieter. Das Angebot wächst täglich.

Zertifikate investieren aber auch oft in kleine Nischen oder skurrile Themen. Sie machen beispielsweise das Insiderwissen von Unternehmensangehörigen handelbar oder das "Mitmach-Internet" Web 2.0: durch Zertifikate auf Indizes, die Unternehmen zusammenfassen, die besonders für Web 2.0 stehen.

Die Notwendigkeit, selbst für seine Pension vorsorgen zu müssen, bringt es auch mit sich, dass Anleger und Sparer nach ertragreichen, aber sicheren Anlageinstrumenten suchen. Bei Zertifikaten kann nicht nur Geld verdient werden, wenn die Kurse steigen. Auch von seitwärts tendierenden oder fallenden Kursen kann profitiert werden, was die Chance auf Gewinne natürlich erhöht. In Zeiten wie jetzt, in denen die Börsen stark schwanken, bieten Zertifikate daher einen zusätzlichen Reiz. Allerdings sollten die Anleger diese Produkte auch wirklich verstehen, denn Hebelfunktionen und Knock-out-Schwellen machen es oft schwer, die Auszahlungsprofile zu durchschauen.

Je genauer man die zwei Produkte miteinander vergleicht, desto mehr Vor- und Nachteile ergeben sich auch. Sicher ist jedenfalls, dass es immer Anleger mit Vorliebe für Fonds und solche mit Präferenzen für Zertifikate geben wird. Die Frage, welches der beiden Anlageinstrumente das richtungsweisende ist, stellt sich daher so gar nicht. Viel entscheidender wird sein, was die Anleger brauchen, um ihre Bedürfnisse stillen zu können. Und das ist meist ein Mix aus Sicherheit, Rendite, Spaß am Zocken und das Entdecken neuer Möglichkeiten.

Platz ist auf dem Markt jedenfalls für beide Produkte, zumal die Branchen stellenweise bereits zusammenwachsen. Der deutsche Fondsriese DWS etwa legt über eine Tochtergesellschaft bereits Zertifikate auf. Fakt bleibt: Die Fondsbranche hat Konkurrenz bekommen. Und die belebt ja bekanntlich das Geschäft. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.10.2007)