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Der iranische Schauspieler Shahabeddin Hossseini als Judenretter Habib Parsa.

Foto: AP/Abedi
Teheran/Wien - "Wo werden sie hingebracht?", fragt der Held der TV-Serie, der Zeuge einer Deportation wird, erschüttert. Szenen im KZ, Juden, die den gelben Stern tragen, sind zu sehen. Dem jungen Diplomaten an der iranischen Botschaft in Paris, Habib Parsa (ein Elternteil ist iranisch, einer palästinensisch), geht das jüdische Schicksal auch deshalb nahe, weil er selbst eine Jüdin liebt, die Französin Sara Stroke. Ihr und ihrer Mutter stellt er Pässe für den Iran aus, wie danach noch vielen anderen Juden, denen die Deportation droht.

Die Geschichte hat ein historisches Vorbild: Iranische Diplomaten gaben im Paris der 40-er Jahre tatsächlich einigen hundert Juden iranische Pässe. Das wirklich Außergewöhnliche an der Serie ist jedoch, dass sie seit September auf Kanal 1 des staatlichen iranischen Fernsehens läuft, jeden Montag. Sie ist zum Straßenfeger geworden. Die Islamische Republik hat ihre "Schindlers Liste". Der Solidarisierungseffekt mit dem leidenden jüdischen Volk unter dem Publikum ist enorm.

Auf ersten Blick ein Widerspruch

Auf ersten Blick scheint die Aussage der Serie im eklatanter Widerspruch zu Präsident Mahmud Ahmadi-Nejads öffentlichen Holocaust-Relativierungsversuchen zu stehen. Durch die Serie wird der Holocaust, dessen Leugnung nie zur offiziellen Politik der Islamischen Republik Iran gehört hat, dem iranischen Fernsehpublikum nicht nur historisch, sondern auch emotional näher gebracht. Bekanntlich hat das auch in anderen Ländern so funktioniert, wenn auch dreißig Jahre früher.

Der zweite Blick auf die Serie zeigt die offizielle iranische Haltung: Wir haben nichts gegen Juden. Nur etwas gegen Zionisten - und die sind im Film zum Teil als diejenigen dargestellt, die die nichtzionistischen Juden den Nazis sogar ausliefern, wenn diese nicht nach Israel wollen. Auch blitzt das verschwörerische Narrativ über Israel als einem rein westlichen Konstrukt auf, in das die Juden sozusagen erst hineingezwungen werden müssen. Als Kollaborateure mit den Nazis werden aber auch Iraner gezeigt, und, so ein iranischer Serienkonsument, der keine Folge auslässt, zum Standard: Mit ihnen geht Drehbuchautor Hassan Fatthi teilweise strenger um als mit den bösen Zionisten.

Tabubruch in mehrfacher Hinsicht

In mehrfacher Hinsicht ist die TV-Serie ein Tabubruch. Autor und Regisseur Fatthi bemüht sich in "Null Grad Drehung" meist um Authentizität und Korrektheit. Gedreht wurde in Paris und Budapest, die - unverschleierte - Sara wird von der französischen Schauspielerin Nathalie Matti gegeben. Verschleiert sind die Frauen, sobald sie in Teheran sind, was gewiss nicht der historischen Wahrheit entspricht. Trotzdem loben kritische Zuschauer das genaue Bild, das die Serie vom Iran der 40-er Jahre zeichnet.

Die iranischen Juden - mit 25.000 hat der Iran die größte jüdische Gemeinde im Mittleren Osten - gehören auch zu den Fans der Serie: Das jüdische Parlamentsmitglied Morris Motamed versäumt laut eigener Aussage keine Folge. Hassan Fatthi hat die jüdische Gemeinde während seiner Arbeit konsultiert. (Gudrun Harrer, DER STANDARD; Printausgabe, 18.10.2007)