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Grafik: APA
Englands liebstes "Tantchen", wie die öffentlich-rechtliche BBC im Volksmund genannt wird, will 1.800 Stellen streichen und ihre Londoner Fernsehzentrale verkaufen. Insgesamt werden 2.500 Arbeitsplätze abgebaut, 700 neue kommen in verschiedenen Bereichen hinzu, wie BBC-Generaldirektor Mark Thompson am Donnerstag mitteilte. Hintergrund sind Finanznöte des Senders, der sich zu rund 80 Prozent aus Rundfunkgebühren finanziert.

"Kleiner, aber gesünder"

Unter den am stärksten betroffenen Bereichen wird den Angaben zufolge der Bereich Nachrichten und Aktuelles sein. Dort sollen nach den Plänen der BBC in den kommenden fünf Jahren 490 Stellen wegfallen. Der Sender bezeichnete die Maßnahmen als "radikales Reformprogramm", das eine "kleinere, aber gesündere" Anstalt zur Folge habe. Die BBC kündigte weitere Sparmaßnahmen an, darunter den Verkauf ihres Sitzes im Westen Londons sowie die Erstellung von zehn Prozent weniger Programmen in den kommenden sechs Jahren. Außerdem würden die weitgehend getrennt arbeitenden Radio-, Fernseh- und Online-Dienste in einem Newsroom zusammengeschlossen.

Werbung ist tabu

Die jüngste von der britischen Regierung im Jänner genehmigte Gebührenerhöhung lag weit hinter den Erwartungen der BBC und unter der Inflationsrate - die Finanzierungslücke wurde mit knapp drei Milliarden Euro beziffert. Insgesamt erhält die BBC jährlich rund 4,7 Milliarden Euro an Gebührengeldern, weitere rund 1,16 Milliarden Euro werden von der 100-prozentigen BBC-Tochter BBC Worldwide eingenommen. Werbung ist für die BBC im Gegensatz zum ORF, der mehr als 32 Prozent seiner Umsätze aus Werbung lukriert, tabu.

Die Rundfunkanstalt beschäftigt rund 25.000 Mitarbeiter und betreibt neben den zwei britischen Hauptfernsehsendern mehrere digitale Spartenkanäle und Auslandskanäle, sowie fünf Radioprogramme ein Auslandsradio und Regionalprogramme für 46 Gebiete in Großbritannien.

Streiks angekündigt

Die Gewerkschaften hatten bereits am Vortag mit Streiks gedroht, sollte die BBC mit den Stellenstreichungen Ernst machen. "Wenn sie ihren Plan umsetzen, dann ist ein Streik zu hundert Prozent sicher", sagte der Vorsitzende der Rundfunk-Gewerkschaft Bectu, Gerry Morrissey, am Mittwoch im Fernsehsender BBC News.

Marktanteil von knapp 35 Prozent

Die Bedeutung der BBC für Großbritannien ist in etwa mit dem Einfluss des ORF in Österreich vergleichbar. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gibt es auch in England nur relativ wenige private Fernsehprogramme - die öffentlich-rechtlichen dominieren ihrerseits in Sachen Marktanteile und Einfluss das mediale Parkett. Die BBC kam im Vorjahr mit ihren Fernsehprogrammen auf einen Marktanteil von knapp 35 Prozent - ORF 1 und ORF 2 erreichte im Jahr 2006 durchschnittlich 43 Prozent.

ORF: 463 Millionen Euro aus Gebühreneinnahmen

Auch im ORF herrscht derzeit wegen rückläufiger Werbeerlöse die Devise Sparen. Die letzte Gebührenerhöhung liegt bereits mehrere Jahre zurück. Im letzten Quartalsbericht des Senders hat ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz die "Fortführung des Sparkurses, Budgetdisziplin und die Ausschöpfung aller Rationalisierungs- und Optimierungspotenziale" angekündigt. Der ORF hat 2006 insgesamt rund 927 Millionen Euro umgesetzt. 463 Millionen Euro stammten aus Gebühreneinnahmen, 302 Millionen kamen aus der Werbung. (APA)