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ÖVP-Bildungssprecher, Beamtenchef und Lehrervertreter: Fritz Neugebauer.

Foto: apa/fohringer
Wien - Schon das Setting ist etwas seltsam - oder schlicht schief: Zwei ÖVP- Verhandler treffen auf eine SPÖ-Verhandlerin. Sie ist Bildungsministerin Claudia Schmied, die beiden Konterparts in den mühsamen Verhandlungen für die Neue Mittelschule sind Wissenschaftsminister Johannes Hahn und ÖVP- Bildungssprecher Fritz Neugebauer.

Es spießt sich zwischen den dreien. Was nicht so sehr an Hahn und Schmied liegt, denn die können sehr gut miteinander und zelebrieren ein Stück weit auch ihre kleine Privat-Koalition der "zielorientierten" Pragmatiker im geteilten Bildungshaus am Minoritenplatz - sondern eher am "zweiten Mann" der VP- Fraktion.

Am Donnerstag wurde nun die zweite offizielle Verhandlungsrunde für die geplanten Modellregionen für eine gemeinsame Schule bis 14 ergebnislos und kommentarlos abgebrochen. Zu Mittag wurde laut offiziöser Diktion "vertagt" auf kommenden Dienstag. Ergebnis: null Bewegung.

Neugebauer dürfte daran nicht ganz schuldlos sein. Er hat ja nicht nur die Ehre als Mitverhandler, weil er Bildungssprecher der ÖVP ist. Als Chef der Beamtengewerkschaft GÖD, also oberster Lehrervertreter, zumal der gesamtschulaversiven AHS-Lehrer, kann er mit viel Rückenwind für massiven Gegenwind für die Schulreform sorgen - und tut es auch.

Was war passiert? Vermutlich das, was auch beim letzten Treffen der rot- schwarzen Schulverhandler bereits passiert ist. Die ÖVP hat erneut auf "Mitbestimmung" der Schulpartner beharrt. Konkret besteht die schwarze Verhandlungsposition darin, auch Lehrer, die gar nicht in den Gesamtschulversuchen arbeiten wollen - und auch nicht müssen, wie Schmied immer betonte -, mitbestimmen zu lassen, ob ein Schulversuch gestartet wird. An jedem Modellstandort wäre dann eine Zweidrittelmehrheit aller Lehrer und Eltern notwendig - auch jener, die gar nichts mit der Neuen Mittelschule zu tun hätten.

Taktiker und Mediator

Taktisches Kalkül der ÖVP dahinter dürfte sein, dass sie dann sagen könnte: Wir haben eh alles ermöglicht, aber die Betroffenen vor Ort haben es halt nicht gewollt. Das muss die SPÖ-Seite in Person von Ministerin Schmied natürlich alarmieren. Denn diese Form der Mitbestimmung durch Nichtbetroffene würde den Gesamtschulversuch schon im Keim ersticken.

Genau aus diesem Grund lehnt Schmied auch das Ansinnen der ÖVP-Verhandler ab, auch Eltern, die ihre Kinder (ohnehin freiwillig) gar nicht in die "Neue Mittelschule" geben wollen, "mitbestimmen" zu lassen. Damit sie Nein sagen, weil sie ohnehin dagegen sind und nicht teilnehmen wollen? Schmieds Position ist die, dass mitbestimmen soll, wer mitmachen will. Alles andere wäre Fremdbestimmung.

Ein leichtes Fremdheitsgefühl dürfte in dieser Konstellation vor allem Hahn verspüren, dem wohl die Rolle des Mediators zufällt. Hier "seine" Ministerin, mit der er ansonsten gut arbeitet, die ihr zentrales bildungspolitisches Projekt realisieren will. Da "sein" Bildungssprecher, der mit eigener Lehrervergangenheit ausgestattete, erprobte Abwehrkämpfer gegen jegliche Gesamtschulanwandlungen. Über viele Jahre.

An der Seite von Schmieds VP-Vorgängerin Elisabeth Gehrer war das eine schlagkräftige schwarze Doppelspitze auf oberster politischer Ebene gegen die Gesamtschulbefürworter. Jetzt aber, unter geänderten Regierungsvorzeichen, erweist sich Neugebauer in den Schulreformgesprächen zunehmend als nachgerade unüberwindbare Hürde für Schmieds Schulvision. Hahns Mediationsfähigkeiten werden noch gefordert sein. (Lisa Nimmervoll/DER STANDARD-Printausgabe, 19. Oktober 2007)