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Der Tiroler Arbeiterkammer-Präsident Fritz Dinkhauser schimpft über die Parteispitze.

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Wien – „Für eine christlich-soziale Partei ist das zum Genieren“, schimpft Fritz Dinkhauser: „Wegen so einer Politik hat die ÖVP die Wahl verloren. Offenbar hat die Parteispitze daraus nichts gelernt.“

Im Standard-Gespräch macht der Tiroler Arbeiterkammerpräsident seinem Ärger über die eigene Parteispitze Luft – und er ist nicht allein. Der im ÖAAB organisierte Arbeitnehmerflügel der ÖVP begehrt vehement gegen die schwarze Regierungspolitik auf. Und droht mit Widerstand im Parlament.

Anlass ist das Nein der ÖVP zu einer Verlängerung der Hacklerregelung, die es Männern nach 45 und Frauen nach 40 Versicherungsjahren erlaubt, bereits mit 60 beziehungsweise 55 Jahren in Pension zu gehen. SPÖ-Sozialminister Erwin Buchinger hatte in der Frage eigentlich bereits nachgegeben, der Passus würde demnach 2010 auslaufen Doch nun machen Rebellen in den schwarzen Reihen mobil.

Dramatische Worte

„Mit dramatischen Worten“ will Michael Spindelegger, zweiter Nationalratspräsident und ÖAAB-Vize, „klar machen“, dass der ÖAAB „nicht irgendjemand“ sei und nicht übergangen werden könne. Einen Aufstand bei der entscheidenden Abstimmung im Parlament befürwortet Salzburgs ÖAAB-Chef Christian Stöckl, sein oberösterreichischer Kollege Franz Hiesl sagt in den Oberösterreichischen Nachrichten: „Jetzt ist Krieg.“

Der zuständige ÖVP-Minister Martin Bartenstein wollte die Drohungen am Donnerstag nicht kommentieren. Inoffiziell ist im Regierungsumfeld aber von einem „Scheingefecht“ die Rede. Die Arbeitnehmervertreter seien grantig, weil das endgültige Nein ausgerechnet ein paar Tage nach dem ÖAAB-Bundestag am vergangenen Wochenende ertönte. „Ich weiß nicht, was die damit gewinnen wollen“, sagt ein Schwarzer: „Wenn die Hacklerregelung verlängert wird, erntet die Lorbeeren auch nur der Buchinger.“

Außerdem verweist man bei der ÖVP auf die Kosten: Die Perpetuierung des Privilegs schlägt sich jährlich mit 110 Millionen (2011) bis 560 Millionen Euro (ab 2017) nieder. Insgesamt sind derzeit 56.000 Menschen dank Hacklerregelung in Rente, unter den neu angetretenen Pensionisten macht der Anteil elf Prozent aus. Aber nur etwa ein Drittel davon – nämlich 4473 Personen in der ersten neun Monaten 2007 – sind echte „Hackler“. Der Rest sind Angestellte.

Weil nun geburtenstarke Jahrgänge in Pension gehen, die dank Jahren der Hochkonjunktur kaum Arbeitsunterbrechungen hatten, ist die Zahl im Steigen begriffen. (siehe Grafik) Was sich laut Prognosen in Zukunft aber wieder ändern würde.

AK-Präsident Dinkhauser empfiehlt seinen ÖAAB-Kollegen, im Parlament gegen die ÖVP-Linie zu stimmen. Wegen des „ungeheuren Drucks“ in der Arbeitswelt bräuchten die Leute eine Perspektive – „und zwar jene, nach 45 Jahren zum Arbeiten aufhören zu können“. Warum das die ÖVP-Spitze anders sehe? Dinkhauser: „Der Bartenstein ist halt kein Arbeitersohn.“ (Gerald John/DER STANDARD, Printausgabe, 19.10.2007)