Leogang/Wien – Dass sich Roland Horngacher im Gespräch mit Journalisten allzu redefreudig gezeigt und Amtsgeheimnisse verraten haben soll, zeigt Wirkung. Offizielle Kommentare zur Verurteilung des Ex-Generals wollen Polizeikollegen nicht abgeben. Es gilt, was der Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl bereits zu sagen hatte: kein Kommentar, bevor die Causa nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Und das wird noch Monate dauern. Der zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilte Ex-Landespolizeikommandant hat gegen den Schuldspruch des Schöffensenates Berufung eingelegt, der Instanzenweg wird sich weit ins kommende Jahr hineinziehen.
Selbst im (von Wien) fernen Leogang, wo auch viele Spitzenbeamte der Wiener Polizei an den "Österreichischen Sicherheitstagen" teilnahmen, ließ sich Donnerstag kaum jemand zu mehr hinreißen, als dass man auf ein "reinigendes Gewitter" hoffe. Nur der frühere Sicherheitsgeneraldirektor Michael Sika sprach offen aus, was viele hinter vorgehaltener Hand flüstern: "Eine Katastrophe für das Ansehen der Exekutive."
Sika hat freilich gut reden. Als Pensionist und Präsident des Kuratoriums Sicheres Österreich, das die dreitägige Tagung in Salzburg veranstaltete, muss er nicht mehr den langen Arm der Disziplinarbehörde fürchten. Auch die Intrigen um die Vormachtstellung innerhalb der Wiener Polizei können ihm egal sein. Dennoch will auch Sika nicht mehr sagen. Heftig diskutiert wird vor allem das Strafausmaß: Wenn es bei den 15 Monaten bleibt, ist Horngacher seinen Job als Beamter los. Auch wenn im Berufungsverfahren die Strafe um bis zu drei Monate gemildert werden sollte. Zwölf Monate ist die Rausschmissgrenze. Das vergleichsweise harte Urteil – die Beamten, die den Asylwerber Bakary. J. gequält und misshandelt hatten, sind heute noch im Dienst – begründete der Richter mit generalpräventiven Gründen. "Gerade bei den derzeitigen Zuständen in der Wiener Polizei muss gezeigt werden, dass solche Handlungsweisen einfach nicht gehen", hatte der Richter Mittwochabend im Wiener Straflandesgericht verkündet.
Diese "Zustände" hatte bereits Horngachers Verteidiger Richard Soyer bei seinem einstündigen Eröffnungsplädoyer in Treffen geführt. Also Horngacher quasi als Opfer des Systems, das seit der Reform im Jahr 2002 von internen Machtkämpfen geprägt war, dargestellt.
Zur Erinnerung: Der damalige Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) hatte Polizei und Gendarmerie zusammengelegt, zahlreiche Spitzenposten wurden neu ausgeschrieben, für die Chefsesseln gab es aber zu viele Bewerber.Dazu wurde in Wien damit gerechnet, dass der Posten des Polizeipräsidenten bald neu besetzt werde.Von Anfang an zählten Horngacher und Kripochef Ernst Geiger zu den aussichtsreichsten Kandidaten. Deren Streit um einen Dienstparkplatz ist bereits legendär, war aber nur der Auftakt für gegenseitiges Anschwärzen – nicht nur via Medien, sondern auch im Wiener Rathaus, das bei der Besetzung des Präsidenten ein gewichtiges Wort mitreden darf. Lachender Dritter ist derzeit Karl Mahrer, der bis auf weiteres die Geschäfte der Wiener Polizei führt. Aber auch er ist intern nicht unumstritten.
Ob Freunderlwirtschaft, wie sie Horngacher in Bezug auf die Auskünfte für die Bawag vorgeworfen werden, auch ein Teil des Systems der Polizei ist, ist naturgemäß schwer zu bewerten. Ein Indiz dafür könnte der ins Zwielicht geratene Verein "Freunde der Wiener Polizei" sein.
Entstanden in den 70er-Jahren als Bindeglied zwischen Exekutive und Bevölkerung hat der Verein heute eine illustre Spenderliste von Wirtschaftsbossen bis zu Rotlichtbossen. Strafrechtlich Vorwürfe ergeben sich daraus nicht, aber intern heißt es, wurde die "schiefe Optik" schon seit Jahren bemängelt.
"Moskauer Zustände"
"Das ist der Beginn von Moskauer Zuständen", sagt der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz. In diesem Verein finde sich "vom Telekom-Milliardär bis zum Bordellbesitzer" alles, "was zum Ziel hat, relativ schnell Geld zu machen". Für die Wiener Polizei sei das Horngacher-Urteil "absolut verheerend", denn dadurch sei sie in Verdacht geraten, "das Instrument von Bordellbesitzern geworden zu sein". Laut Pilz ist die Exekutive in der Bundeshauptstadt damit "vom Blaulicht zum Rotlicht gewechselt".