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Finanzvorstand Harald Wasserburger kam Siemens-Chefin Brigitte Ederer plötzlich abhanden.

Foto: APA/EPA/Fohringer
Wien – Die lange Liste der Rücktritte bei Siemens ist um einen Namen länger geworden. Am Donnerstag gab die österreichische Landesgesellschaft des deutschen Konglomerats bekannt, dass Harald Wasserburger das Unternehmen verlässt. Einvernehmlich, wie betont wurde. Dass der Finanzchef einer der weltweit wichtigsten Landesgesellschaften im Konzern und nach nur einem Jahr das Handtuch wirft, nährte am Donnerstag Spekulationen über eine Verbindung des Schritts mit der Bestechungsaffäre bei Siemens.

Der Konzern ließ diese Frage unbeantwortet: "Zu internen Ermittlungen im Konzern können wir nichts sagen, wir wissen nichts darüber. Die deutsche Staatsanwaltschaft hat sich nie mit uns in Kontakt gesetzt", erklärte ein Sprecher dem Standard. Jedenfalls hat es immer wieder Berichte über eine unrühmliche Rolle von Siemens Österreich im Bestechungsskandal gegeben. Dabei wurden zahlreiche Scheinfirmen – unter anderem auch in Österreich – gegründet, an die Siemens-Gelder flossen, mit denen man sich bei internationalen Aufträgen einen Vorteil verschaffte. Im Zentrum der Affäre steht die Kommunikationssparte, kurz Com, die laut Münchner Staatsanwaltschaft dreistellige Millionenbeträge umleitete. In Österreich war Wasserburger für Com zuständig, bevor er vor gut einem Jahr in den Vorstand aufrückte. Diese Gesellschaft soll über eine Briefkastenfirma in Zypern international "Provisionszahlungen" abgewickelt haben. In diesem Zusammenhang nannte profil im Frühjahr auch Wasserburger. "Er ist mit Sicherheit involviert", gab demnach der frühere leitende Siemens-Angestellte Reinhard Siekaczek bei der Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft zu Protokoll. Siemens wies diese Darstellung energisch zurück, für Wasserburger gilt die Unschuldsvermutungen. Er war für keine Stellungnahme zu erreichen.

Drehscheibe bei schwarzen Kassen

Jedenfalls gilt Österreich als Drehscheibe bei den schwarzen Kassen. Im November des Vorjahres wurde bereits eine Razzia in den Räumlichkeiten der Krhoma Handels GmbH in Wien durchgeführt. Über diese Gesellschaft – so die Vermutung der Ermittler – wurden Siemens- Gelder auf internationale Offshore-Oasen geschleust. Und in Oberösterreich wurde ein ehemaliger Ex-Siemens-Manager verhaftet. Dabei handelte es sich um eine konzertierte Aktion, bei der Dutzende Büros des Konzerns in mehreren Ländern durchforstet wurden. Auch Innsbruck scheint in den Akten immer wieder auf. Die Bozener Staatsanwaltschaft vermutet, dass über ein Konto in Tirol ein hoher zweistelliger Millionenbetrag von Siemens nach Puerto Rico überwiesen wurde. Beraterhonorare soll geflossen sein, um den Zuschlag für eine Tochter des staatlichen Telekomunternehmens Stet zu bekommen, glaubt der Bozener Staatsanwalt Cuno Tarfusser. Mit Siemens Österreich dürfte die Angelegenheit nicht in Verbindung stehen. Insgesamt ist der Fall Siemens noch lange nicht ausgestanden. Die vom Konzern eingeschaltete US-Anwaltskanzlei Debevoise hat laut Medienberichten dubiose Zahlungen im Volumen von 1,16 Mrd. Euro erhoben – allein in der Telekomsparte. 300 Mio. Euro soll der Bereich Kraftwerke in schwarze Kassen transferiert haben. Der Konzern hat sich bereits gegen ein Bußgeld von 201 Mio. Euro verglichen, die Ermittlungen gegen Personen laufen noch. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.10.2007)