Grünen-Chef Alexander Van der Bellen hat am Donnerstag bei Bundespräsident Heinz Fischer um Unterstützung für eine Lösung in der umstrittenen Frage von Abschiebungen geworben. Angesichts des jüngsten Falls der 15-jährigen Kosovarin Arigona Zogaj kritisierte Van der Bellen die Haltung von Innenminister Günther Platter. Abschiebungen in den Kosovo seien "völlig kontraproduktiv, weil das Bemühen der europäischen Außenminister, eine Lösung für den Kosovo zu finden, durch europäische Innenminister de facto konterkariert wird".

"Einwände gegen Fremdenrecht"

Er habe dem Bundespräsidenten "unsere integrationspolitischen Einwände ebenso wie die familienpolitischen, die rechtspolitischen, wirtschaftspolitischen und außenpolitischen Einwände gegen das geltende Fremdenrecht vorgetragen". Das Auseinanderreißen von Familien und auch der "Vernaderungsparagraph 115" - jemand, der einem Flüchtling hilft, wird bestraft - sollten abgeschafft werden. Österreich gebe mit seiner Abschiebepraxis auch ein "negatives Signal" an die europäischen Staaten. "Das wird in der EU auch registriert".

Keine Stellungnahme von Fischer

Seitens der Präsidentschaftskanzlei hieß es auf Anfrage der APA, man gebe zu Vier-Augen-Gesprächen keine Stellungnahme ab. Auch Van der Bellen wollte zur Reaktion des Staatsoberhaupts nichts sagen.

Der Grünen-Chef bezeichnete es allerdings als bemerkenswert, dass er einen Termin beim Bundespräsidenten sehr rasch erhalten habe. Auf sein Ersuchen für Gespräche mit Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Vizekanzler Wilhelm Molterer habe er aber eher sehr späte Termine erhalten - mit dem SPÖ-Chef in zwei Wochen und mit dem ÖVP-Obmann in drei "Wochen.

Petrovic: "Menschenrechtswidrig"

Auch die stellvertretende Bundessprecherin der Grünen, Madeleine Petrovic, und der Rechtsanwalt Heinrich Vana haben am Donnerstag die gegenwärtige Rechtslage und den Vollzug des Fremdenrechts scharf kritisiert. Für Petrovic ist zumindest die Praxis des Vollzugs menschenrechtswidrig. Zudem versuche das Innenministerium, Flüchtlingshelfer wider Rechtens zu kriminalisieren und einzuschüchtern. Vana erklärte bei der Pressekonferenz in Wien, dass die Behörden mit der Tradition des humanitären Fremdenrechts gebrochen haben.

Für die Klubobfrau der niederösterreichischen Grünen ist es eine "Dreistigkeit oder Unbefugtheit", wenn behauptet wird, dass "der Innenminister und seine Organe das Gesetz vollzögen und das sei rechtens". Kinder in Schubhaft zu nehmen oder Kinder aus der Schule abzuholen, diese Praxis des Vollzugs sei menschenrechtswidrig und verboten, sagte Petrovic. "Eventuell das Gesetz, jedenfalls der Vollzug steht in Widerspruch mit den europäischen Grundwerten", so Petrovic. "So kann das nicht weitergehen, behauptetes Recht ist Unrecht geworden", empörte sich die Grüne Politikerin.

Beispiel Bock

Petrovic erklärte, dass Menschen, die sich für Integration einsetzen - was eigentlich Aufgabe des Staates sei -, ständig Prügel vor die Füße geworfen werden. Als Beispiele führte sie Ute Bock oder den aktuellen Fall der Hausdurchsuchung ("oder was immer das war") bei der Kärntner Lehrerin an. Vana wies darauf hin, dass humanitäre Hilfe unter Paragraf 115 "nicht tatbestandsmäßig" sei. Der Paragraf stelle die "Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt" unter Strafe. Damit sei aber die entgeltliche Hilfe gemeint, der Paragraf sollte also eigentlich Schlepper unter Strafe stellen, so Vana. Petrovic forderte demnach eine ersatzlose Streichung der derzeitigen Formulierung des Paragrafen. (APA)