Martin Bredl, PRVA-Präsident und Leiter der Unternehmens- kommunikation der Telekom Austria.

Foto: Telekom Austria/Wilke
Am 28. November wird wieder der Staatspreis für PR vergeben und der "Kommunikatior des Jahres" gekürt. Martin Bredl, Präsident des Public Relations Verband Austria, sprach mit Astrid Ebenführer über Veränderungen und Trends in der PR, "unverzeihliche" Fehler bei der MEL-Krise und Journalisten als Öffentlichkeitsarbeiter. Großen Aufholbedarf sieht er bei Web 2.0-Applikationen, "hier passiert noch sehr wenig".

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etat.at: Im vergangenen Jahr wurden 37 Projekte zum PR-Staatspreis eingereicht, heuer waren es nur 28. Enttäuscht?

Martin Bredl: Im vorvergangenen Jahr wurden 21 Projekte eingereicht. Wir liegen mit 28 Einreichungen im Durchschnitt und wir sind sicher nicht enttäuscht.

etat.at. Apropos eingereichte Arbeiten: Lässt sich hier ein Trend ablesen? Inwiefern hat sich die PR-Arbeit in den vergangenen Jahren verändert?

Martin Bredl: In den letzten Jahren wurde immer eine breite Palette unterschiedlicher Projekte mit sehr hoher Qualität eingereicht. Trotzdem kann man generelle Trends ablesen. Zum Beispiel geht es Unternehmen nicht nur mehr darum mit PR-Maßnahmen die Vorteile eines Produktes oder generell die einigen Stärken zu thematisieren sondern viel öfter darum die sozialen und gesellschaftlichen Erwartungen an das Unternehmen anzusprechen.

etat.at: 2006 ging der Staatspreis an die BA-CA für Melchiors Antarctica-Projekt, gewürdigt wurde vor allem der Einsatz von Blogs und Podcasts. Hat sich der Bereich Online-PR mittlerweile etabliert oder sehen Sie noch Aufholbedarf? Woran liegt es, dass viele Unternehmen beim Einsatz von Online PR-Tools noch zögern?

Martin Bredl: Online-Kommunikation hat sicher bereits einen hohen Stellenwert in der Gesamtkommunikation von Unternehmen und Organisationen. Aber es gibt speziell bei den so genannten Web 2.0-Applikationen einen großen Aufholbedarf. Blogs, Wikis und soziale Plattformen sind ideale Tools um in einen Dialog mit der Öffentlichkeit zu treten.

Hier passiert noch sehr wenig. Der Grund liegt meines Erachtens darin, das viele Verantwortliche noch nicht erkannt haben, dass in Zukunft die Reputation eines Unternehmens oder einer Organisation von der Transparenz im Internet abhängt.

etat.at: Im Rahmen der PR-Gala am 28. November wird auch der "Kommunikator des Jahres" ausgezeichnet. Nach welchen Kriterien, was zeichnet ihn aus?

Martin Bredl: Eine hochkarätige Jury nominiert zehn mögliche Kanditaten, aus denen dann mittels Online-Voting der Kommunikator oder die Kommunikatorin des Jahres gewählt wird (Anm.: mehr dazu siehe PRVA kürt KommunikatorIn des Jahres). Gesucht werden Personen, die durch hervorragende persönliche Kommunikation etwas Besonderes in diesem Land bewegt haben. Die Sieger der letzten Jahre (Küberl, Fischer/Riedl) wurden diesem Anspruch mehr als gerecht.

etat.at: Die PR Group Austria - jetzt PR Quality Austria - wird sich im Rahmen des PRVA verstärkt dem Thema Qualitätssicherung widmen. Was bringt es Agenturen, sich zertifizieren zu lassen? Und warum zögern viele, hier mitzumachen? Wie wollen Sie hier Überzeugungsarbeit leisten?

Martin Bredl: Wir freuen uns, dass in den letzten Jahren viele neue Agenturen gegründet wurden und dass es einen intensiven Wettbewerb gibt. In diesem Wettbewerb wird in Zukunft Qualität sehr entscheidend sein. Qualität braucht aber Transparenz und auch Kontrolle. Die Zertifizierung, die die PR Quality Austria in Österreich eingeführt hat, stellt das sicher.

Viele Agenturen zögern noch, da sie den Aufwand fürchten. Die zertifizierten Agenturen berichten aber einhellig, dass der Aufwand zur erreichten Effizienzsteigerung zu vernachlässigen ist. International gesehen gibt es Länder wie UK wo praktisch jede Agentur zertifiziert ist. Es gibt eigentlich keinen Grund nicht zertifziert zu sein.

etat.at: Welche Schwerpunkte hat sich der PRVA für das nächste Jahr noch vorgenommen?

Martin Bredl: Nach wie vor geht es um die Professionalisierung von PR. Im Besonderen hat sich der Vorstand vorgenommen, Maßnahmen zu ergreifen damit der Erfolgsfaktor von PR in Unternehmen und Organisationen besser wahrgenommen wird. Tatsächlich hängt von guter PR Arbeit der immaterielle Wert eines Unternehmen oder einer Organisation wesentlich ab.

Das sind Milliardenwerte, die PR-Profis in unserem Land verantworten. Wir wollen dazu internationale Best Practice und Expertise in Österreich etablieren. Aus diesem Grund trägt die diesjährige PR-Gala den Titel "The Power of PR" und wir haben als Key Note Speaker Andrew Gowers, ehemaliger Editor von der "Finacial Times" und Leiter der Unternehmenskommunikation der Investmentbank Lehman Brothers.

etat.at: Wenn wir schon bei Professionalisierung sind: Stichwort MEL-Krise - was ist hier in der Kommunikation falsch gelaufen?

Martin Bredl: Transparenz schafft Vertrauen und Vertrauen hat eine hohe Korrelation mit der Handlungsebene. Dieser wissenschaftliche Zusammenhang zeigt bei MEL deutlich die Wirkung in der Praxis.

Jede Stakeholdergruppe und der Finanzmarkt im Besonderen reagiert sensibel auf Vertrauensverlust. Fehler können passieren, aber es ist unverzeihlich, dass nach dem Fehler des nicht kommunizierten Aktienrückkaufes nicht alle Maßnahmen ergriffen wurden, um umfassend Transparenz zu zeigen.

etat.at: Es ist ja keine Seltenheit, dass Journalisten in die PR wechseln, die Meinl Bank holte erst kürzlich "Format"-Herausgeber Langsner als Kommunikationschef. Sind Journalisten die besseren PR-Arbeiter, oder besteht hier nicht die Gefahr, PR auf "nur" Medienarbeit zu reduzieren?

Martin Bredl: Sie weisen in Ihrer Frage schon auf die Antwort hin. Medienarbeit ist ein wichtiger Teil des PR-Jobs. PR ist aber viel mehr. Im Wesentlichen geht es - wie das englische Wort Public Relations sagt - um die Beziehung eines Unternehmens oder einer Organisation zu ihrer Umwelt.

Professor Ansgar Zerfass spricht davon, dass PR die "Licence to Operate" als Voraussetzung, dass ein Unternehmen Erträge erwirtschaften kann schafft. Es geht um Reputation, es geht um Rahmenbedingungen, es geht um Motivation, um Dialoge mit Stakeholdern und letztlich darum, welchen Beitrag das alles zum unternehmerischen Erfolg leistet, also um strategische Kommunikation. Journalisten erbringen andere Höchstleistungen. (Astrid Ebenführer, derStandard.at)