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„Ich weiß genau, wer versucht hat, mich zu töten“: Benazir Bhutto beschuldigt die Anhänger des Ex-Diktators Zia.

Foto: Reuters/ Zahid Hussein

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Spurensicherung in Karachi am Tag nach dem Anschlag. Mindestens 139 Menschen kamen im Konvoi von Benazir Bhutto um, darunter zahlreiche Sicherheitsleute.

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Einem Mordanschlag in der Nacht auf Freitag entkam die frühere pakistanische Regierungschefin Benazir Bhutto unverletzt, doch mindestens 139 Menschen starben. Nun macht sie Anhänger des einstigen Militärdiktators Zia ul-Haq für die Tat verantwortlich.

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Islamabad/Neu-Delhi – Es ist bereits nach Mitternacht. Doch noch immer tanzen und singen die Menschen auf der Straße, seit Stunden steht die Heldin des Tages, Benazir Bhutto, auf einem Lastwagen und winkt. Doch dann gibt es plötzlich eine Explosion – und der Triumphzug endet in einem Blutbad.

Erst detoniert eine Handgranate in der Menge, nur Minuten später sprengt sich ein Selbstmordattentäter neben Bhuttos Fahrzeug in die Luft. Mindestens 139 Menschen sterben, 500 werden verletzt. Wie durch ein Wunder bleibt Bhutto unverletzt. Sie ist just in diesem Moment im Wageninneren. Das rettet ihr wohl das Leben.

Es ist einer der schwersten Anschläge in der Geschichte Pakistans. Nur elf Stunden zuvor war die zweimalige Regierungschefin nach acht Jahren aus dem Exil zurückgekehrt, und ihre Heimatstadt Karachi hatte die Rückkehr der verlorenen Tochter ausgelassen gefeiert. Hunderttausende Anhänger ihrer Partei PPP jubelten ihr zu. Doch dem Freudentaumel folgte ein blutiges Erwachen. In den Straßen der 16-Millionen-Metropole herrschte am Freitag absolute Stille, der öffentliche Nahverkehr wurde gestoppt, Schulen blieben geschlossen.

Ein Land unter Schock

Das Land steht unter Schock. Fernseh- und Radiosender berichten den ganzen Tag in Sondersendungen über das Attentat. Krankenhäuser bitten um Blutspenden. Regierungen aus aller Welt verurteilen den Anschlag. Staats- und Militärchef Pervez Musharraf verdammt die Tat als „Verschwörung gegen die Demokratie“. Unter den Opfern sollen auch Kinder sein. Mit bleichen Gesichtern erzählen Augenzeugen im Fernsehen: „Überall lagen Körper herum, Verletzte schrien um Hilfe. Aber niemand traute sich in ihre Nähe aus Angst vor einer weiteren Bombe.“

Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat, aber es wurde wild spekuliert. Bhutto selbst machte Anhänger des toten Militärdiktators Zia ul-Haq verantwortlich, der 1979 ihren Vater hatte hinrichten lassen. Ihr Ehemann Asif Ali Zardari, der weiter in Dubai im Exil ausharrt, vermutete „Elemente“ in einem der Geheimdienste am Werk. Staats- und Armeechef Pervez Musharraf sprach von „irregeleiteten Terroristen und Extremisten“.

Aus Polizeikreisen verlautetet, der Anschlag trage die Handschrift von Al-Kaida oder des Taliban Haji Omar, eines Kommandanten aus der pakistanischen Grenzregion Waziristan, der vor Bhuttos Rückkehr gedroht hatte: „Sie hat ein Abkommen mit Amerika. Wir werden Anschläge auf Benazir Bhutto verüben, wie wir sie auf General Pervez Musharraf verübt haben.“ Zia ul-Haqs Sohn, der derzeitige Religionsminister Ejaz ul-Haq, wies indes Bhuttos Vorwürfe zurück. (Christine Möllhoff/DER STANDARD, Printausgabe, 20./21.10.2007)