Salzburg - Beim 19. Österreichischen Museumstag, der zur Zeit in Salzburg stattfindet, sind deutliche Widersprüche unter den Museums-Direktoren offensichtlich geworden, wenn es um die Sammlungs-Strategien geht. Während Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder eine Lanze für das so genannte "De-Accessioning" brach, also das Ausmustern und Abstoßen von Kunstwerken durch die Museen, lehnte der Leiter des Mumok, Edelbert Köb, das Handeln der Museen mit neuer Kunst strikt ab und warnte vor "unzulässigen Marktmanipulationen".

"Doubletten"

Schröder verwies in Salzburg auf eine lange Tradition des De-Accessioning und brachte Beispiele aus den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Österreich sowie aus Amerika, wo der gezielte Ver- und Ankauf einzelner Werke die Qualität einer Sammlung entscheidend verbessert hätte. "Selbstverständlich bin ich auf den Wunsch eines Finanzministers, den Albertina-Umbau durch den Verkauf eines Werkes von Dürer zu finanzieren, nicht eingegangen. Aber es ist gut und vernünftig, Doubletten, also gleiche oder ganz ähnliche Werke eines Künstlers, abzustoßen oder auch einzelne Meisterwerke zu verkaufen, wenn damit Lücken in einer Sammlung sinnvoll geschlossen werden können."

Christian Müller-Straten, Herausgeber von "Museum aktuell", einer der führenden Kunstzeitschriften Deutschlands, sagte, es sei viel zu ungenau definiert, was genau als Doublette und als Verbesserung einer Sammlung gelten kann. Museums-Direktoren könnten und dürften das nicht alleine entscheiden. "Da muss viel sorgfältiger gearbeitet werden, als Schröder das tut. Schröder ist in Salzburg gerade deshalb mit seinem Museums-Konzept durchgefallen, weil er Kunst viel zu sehr als Ware sieht, die herumgeschoben werden kann."

Warnung vor Marktverzerrungen

Auch Mumok-Chef Köb bezeichnete etwa das Abwandern der Fotosammlung vom Mumok zur Albertina vor einigen Jahren als Katastrophe. "Da stand gar kein echtes Interesse der Albertina an der Fotografie dahinter. Außerdem kann der Wert eines Kunstwerkes, das jünger als etwa 30 Jahre ist, seriös gar nicht abgeschätzt werden. Die Museen kaufen die Kunstwerke oft sehr günstig oder bekommen sie geschenkt. Da ist es unzulässig und marktverzerrend, mit ihnen Handel zu treiben", so Köb, der erneut auf den Bildungsauftrag und die Verpflichtung der Museen hinwies, zu sammeln und zu bewahren.

Das wiederum forderte den Widerspruch von Andrea Madesta, der Leiterin des Museums für moderne Kunst in Klagenfurt, heraus. Madesta wies auf ein von der Kärntner Politik de facto verhängtes Veräußerungsverbot hin, das zu hoffnungslos überfüllten Lagern geführt habe. "Stattdessen wird in Kärnten ohne Strategie gekauft und zwar das, was ein paar Beamte und einige einflussreiche Kunsthändler wollen."

Blockbuster-Ausstellungen

Auch Toni Stooss vom Museum der Moderne in Salzburg glaubt nicht an das Sammeln als alleinige Lösung der Museums-Misere und bezweifelte, dass mit eigenen Sammlungen so viele Menschen ins Museum gelockt werden können wie mit dazugekaufter Kunst und internationalen Blockbuster-Ausstellungen. Darauf Köb: "Klar brauchen wir eine Markt-Dynamik, besonders bei alter Kunst. Aber wir sind gerade dabei, die eigene Zukunft zu versäumen, wenn wir nur ans Ausleihen, Handeln und an die Besucherquote denken statt an gezielten Aufbau der Sammlungen. Es kann schon sein, dass wir durch Schröders Strategie mehr Publikum anlocken, das dann unkritisch durch die Kunst-Events rennt. Zusammenhänge aufzeigen und gezielt bilden halte ich aber für wichtiger." (APA)