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Bereits im Juli 2006 präsentierte die Leiterin der Neuen Galerie, Renée Price (li.), im Beisein von Bloch-Bauer-Erbin Maria Altmann und Ronald Lauder die "Goldene Adele".

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Befinden sich in den USA, werden aber nicht gezeigt: "Blumenwiese" und "Mädchen im Grünen".

Fotos: Prestel Verlag

New York – Renée Price ist der Goldenen Adele nicht unähnlich. Sie hat ebenso wie die durch Gustav Klimt verewigte Gattin des Zuckerfabrikanten Ferdinand Bloch-Bauer eine zierliche Figur und recht harsche Gesichtszüge. Renée Price, als Tochter einer Österreicherin und eines Amerikaners in Wien geboren, ist jetzt die Direktorin der Neuen Galerie in New York und Kuratorin der jetzt dort stattfindenden Klimt-Retrospektive. Diese macht nicht nur aus künstlerischen Gründen Schlagzeilen: Mehrere Klimt-Bilder aus dem Lauder-Umfeld stehen unter Raubkunst-Verdacht.

Standard: Wie ist die Auswahl der Bilder verlaufen?

Renée Price: Das ist eine handverlesene Auswahl aus den Sammlungen unserer beiden Gründer: Serge Sabarsky und Ronald Lauder. Wir zeigen acht Gemälde und fast 130 Zeichnungen aus jeder Schaffenszeit des Künstlers. Das ist sehr selten, dass man so etwas mit gerade einmal zwei Privatkollektionen stemmen kann!

Standard: Wenn Sie sagen "handverlesen": Heißt das, Sie haben allein ausgewählt, oder haben die Gründer da ein Wörtchen mitgeredet?

Price: Also, der Sabarsky lebt nicht mehr, der hat nur vielleicht von oben mitgewirkt. Aber um auf Ihre Frage zu antworten: Nein, mir war alles offengestellt.

Standard: Ein bekanntes Bild aus der Sammlung Sabarsky fehlt: "Mädchen im Grünen". Warum haben Sie das nicht mit reingenommen?

Price: Wir waren uns nicht sicher, ob das wirklich in diese Ausstellung passt. Und: Ich wurde auch informiert, dass da die Provenienz nicht ganz eindeutig ist. Wir geben uns immer ganz große Mühe, die Herkunft unsere Bilder genau aufzulisten. Wenn wir das nicht können, dann verzichten wir lieber auf so ein Werk.

Standard: Was heißt das genau, dass die Provenienz nicht ganz eindeutig ist? Es wird gemunkelt, dass Sabarsky nicht rechtmäßig in den Besitz des Bildes gekommen sei ...

Price: Da müssen Sie den Sabarsky-Nachlass fragen. Er hat uns nicht genug Informationen zu dem Bild gegeben, und dann haben wir gesagt: Lassen wir es lieber. Standard: Zu sehen sind ja nicht nur Bilder der Sammlungen Lauder und Sabarsky, sondern auch Leihgaben.

Price: Es ist eine Leihgabe dabei: Das ist die Allegorie Hoffnung II. Das war ein Geschenk von unseren beiden Gründern an das Museum of Modern Art. Das war einfach eine kulante Geste, dass das MoMA uns dieses Gemälde leiht.

Standard: Aber Ronald Lauders Bruder Leonard hat komischerweise nichts beigesteuert. Warum haben Sie ihn nicht gebeten, etwa das Bild "Blühende Wiese" für die Ausstellung zu leihen? War Ihnen auch das zu heikel? Leonard hat dieses Bild ja von Sabarsky gekauft, und jetzt erhebt Georges Jorich, Enkel des österreichischen Holocaust-Opfers Amalie Redlich, Anspruch darauf …

Price: Leonard ist in dieses Museum nicht involviert. Und da wir eine Egon-Schiele-Ausstellung gemacht haben aus diesen beiden Sammlungen, ist das nun eine Fortsetzung mit Klimt.

Standard: Klimt war den Amerikanern lange kein Begriff. Der Kunstmarkt hier entdeckte ihn erst in den 60ern. Und die breite Öffentlichkeit 2006, als Ronald Lauder 135 Millionen Dollar für die restituierte "Goldene Adele" zahlte: Damals ein Rekordpreis.

Price: Das war ein neues Kapitel in der Geschichte unseres Museums. Auf einmal kamen alle hierher und wollten nur das teuerste Gemälde sehen. Das war kein besonders kunstinteressiertes Publikum, aber immerhin: Es hat dazu beigetragen, dass wir jetzt mehr Besucher haben.

Standard: Ist vielleicht auch ein bisschen Skandallust dabei? Die "Goldene Adele" sorgt ja auch deshalb für Schlagzeilen, weil Ronald Lauder das Bild von der rechtmäßigen Erbin Maria Altmann kaufte, an die insgesamt fünf Klimts aus dem Österreichischen Galerie Belvedere restituiert wurden.

Price: Alles, was ich dazu sagen kann, ist: Letzten Sommer stellten wir die an Altmann restituierten Werke aus, und da hatten wir an die 100.000 Besucher.

Standard: Aber für Sie als Museumsdirektorin muss die anhaltende Kontroverse um das Thema jüdische Raubkunst doch eine Rolle spielen, oder?

Price: Eine sehr große sogar. Es gibt hier einen Verband, wo sich alle anzuschließen versuchen: Das "Nazi-Era Prove-nance Internet Portal". Das ist ein Verband mit 158 Mitgliedern von Museen, die bestrebt sind, das Möglichste zu tun, um die Herkunft ihrer Werke zu zeigen. Sie können auch auf unsere Website gehen, da auf "Collection" klicken und dann sehen Sie die Provenienzen unserer Sammlung. Man versucht halt, so offen zu sein, wie man nur kann. Das ist eine Arbeit, die fortgesetzt wird.

Standard: Nur ein paar Blocks von der Neuen Galerie entfernt: das Jewish Museum. Ist es nicht sonderbar, wenn die Raubkunst-Thematik nun auch ein innerjüdisches Problem wird, weil jüdische Sammler über jüdische Galeristen möglicherweise Bilder erwarben, die im NS-Regime jüdischen Opfern geraubt worden waren?

Price: Also das mit diesem "Jüdischen"! "Das Jüdisch und das und das": Das geht mir so auf die Nerven! Wir sind hier in New York, wir sagen nicht: Das ist ein Jude, das ist ein … Das ist irrelevant!

Standard: Zurück zur Schau der Neuen Galerie, die auch einen Nachbau des Klimt-Ateliers in der Josefstädter Straße 21 zeigt. Wie populär ist österreichische Kunst in den USA?

Price: Wir zeigen abwechselnd Themen aus den österreichischen und deutschen Kulturbereichen. Damit machen wir auch eine Art Aufarbeitung, weil viele dieser Künstler hier immer noch nicht geschätzt werden. Wir planen bald eine Paula Modersohn-Becker-Ausstellung. Das gab’s noch nicht hier, und der Name wird schwer auszusprechen sein. Aber egal: Man hat nicht immer so einen Hit wie Klimt. Das ist nicht der Zweck unseres Museums. (Beatrice Uerlings, DER STANDARD/Printausgabe, 20.10.2007)