Wer versucht, die 25 Einflussreichsten an einen Tisch zu bringen und zu gemeinwirtschaftlicher Gratisarbeit zu vergattern, der zittert ordentlich, ob das auch klappt. Christian W. Mucha hat es für seinen "Extradienst" zu dessen 25. Geburtstag versucht, ordentlich gezittert und kam zu demselben Resümee, das sich auch dem Konsumenten seines Branchenblattes aufdrängt: Ich weiß nicht, was die alle bewegt hat, dabei zu sein. Faktum ist, es war eine große Ehre und Freude für uns, dass das Unvorstellbare realisiert wurde. Am meisten freue ich mich darüber, dass es jetzt überstanden ist. Wer sich lesend durch das Unvorstellbare der gemeinwirtschaftlichen Gratisarbeit durchgearbeitet hat, dem ergeht es nicht anders.

Die Aufgabe war: Die vierundzwanzig einflussreichsten Medien-Manager - offenbar ist schon zwischen Titel und erstem Absatz einer verloren-gegangen, ohne in Mucha ein Gefühl des Mangels zu hinterlassen - saßen erstmals gemeinsam an einem Tisch, entwickelten in einer Ehren-Redaktionskonferenz ihr erstes gemeinschaftliches Medienprojekt: unser Magazin.

Wer sich nun den originelle Versuch erwartete, dem "Extradienst" von Außenstehenden in gemeinschaftlicher Gratisarbeit einen Ehren-Relaunch verpassen zu lassen, wurde ebenso enttäuscht wie der Herausgeber in seiner Hoffnung, denselben gratis zu bekommen. Wer wäre nicht gern einmal Dompteur in einem Löwenkäfig? Doch nur mit einem Krückstock bewaffnet, vierundzwanzig ausgewachsene Raubtiere zähmen zu wollen, ist ein Grenzgang, aber kein gefährlicher: Dennoch wär 's lustiger gewesen, hätten die handelnden Personen mehr von ihren scharfen Zähnen gezeigt. Die notorische Lustigkeit der von den vierundzwanzig ausgewachsenen Raubtieren verwalteten Medien hätte da eine Warnung sein können.

Aus den Gratisvorschlägen zahnloser Themen ragten aber zwei heraus, die sich, wenn schon kein Honorar, dann doch wenigstens ein Trinkgeld verdient hätten: Dafür einigten sich Michael Fleischhacker und Wolfgang Fellner darauf, dass der "Presse"-CR die Reportage "Being Wolfgang Fellner" nach eindringlicher Befragung des "Österreich"-Verlegers verfassen dürfte. Freilich nur dann, wenn Fellner nicht in Fleischhackers Text eingreift und Fellner dafür die Möglichkeit eingeräumt wird, das Elaborat zu kommentieren.

In diesem Kommentar wunderte sich Fellner zunächst, dass ausgerechnet der Chefredakteur der "Presse" den Wunsch geäußert habe, er wolle einmal "Being Wolfgang Fellner" probieren. Ihm wäre vielleicht ein pneumatischer Austausch mit Hans Dichand und die Chance auf ein Being Cato lieber gewesen, aber zu diesem Blind Date zweier Ethiker konnte es nicht kommen, weil dieser seine Schwiegertochter zur Konferenz der Raubtiere entsandt hatte. Jedenfalls lag kein Vorschlag aus seinem Rachen vor. Für jemanden, der wie Fleischhacker von der geradezu religiösen Gewissheit erfüllt ist, rechter als er könne niemand haben, ist sein Aufbruch zur Seelenwanderung in Richtung Fellner schon eher verständlich: Der Mensch will sich auch einmal entspannen, und sei es nur hinter der Charaktermaske eines selbsternannten Medienmissionars.

Dass er zur Abfassung der Reportage, die sich in ihrer Realisierung als Monolog entpuppte, erst nach eindringlicher Befragung des "Österreich"-Verlegers imstande gewesen sein soll, wäre eher peinlich. Jeder Schülerzeitungsredakteur hätte es nach Lektüre einiger Fellner-Textproben mit all ihren aufwärmten Phrasen von der ethischen Verantwortung im Erfolgsmodell Österreich ebenso gut und kürzer getroffen, abgesehen vielleicht von der Passage, wo sich Fleischhacker, being Wolfgang Fellner, nicht enthalten kann, den "Presse"-CR, being Fleischhacker, zu preisen: Der Fleischhacker hat das - einen Generationentausch - in der "Presse" ja auch gemacht, und das bewundere ich sehr, was der da gemacht hat, weil der sich als einer der wenigen auch internationale Sachen und Trends angeschaut hat.

An Fellner prallte das "Erkenne dich selbst" wirkungslos ab. Da mahne einer, der den wahren Wolfgang Fellner mit dem Fleischhacker'schen Möchtegern-haben-Fellner mischt. Dass im Endeffekt 80 Prozent Möchtegern-haben-Fellner übrig bleiben, war bei "Being Michael Fleischhacker" zu erwarten.

Bei seinem Versuch Being Michael Fleischhacker machte es sich der Möchtegern dann so leicht, dass er freiwillig auf das Beiwort exklusiv verzichtete. Gratuliert zum "Presse"-Chefredakteur haben mir alle! Fast alle. Außer den Volltrotteln von der FPÖ, da hat sich keiner gemeldet um zu gratulieren. Als erster hat der Gusenbauer gratuliert. Toll! Sogar die Grünen haben mir gratuliert, nur der Van der Bellen nicht. Typisch. Mein Problem ist: Ich bin bei der falschen Zeitung. Ich hab halt den "Standard" blattmacherisch immer viel besser gefunden als die "Presse". Das Wichtigste in meinem Leben ist: Ich scheiß' mir nix. Das ist, glaube ich, das Wichtigste für einen "Presse"-Chefredakteur, der Fleischhacker heißt.

Das war verweigerter Seelentausch: O-Ton Fleischhacker aus einem Interview im "Extradienst" aus 2004 . (Günter Traxler/DER STANDARD; Printausgabe, 20./21.10.2007)