Wien - Kein einziges der Ziele, die mit Biosprit verfolgt werden, könnten auch eingelöst werden, meint Eric Holt-Giménez, Direktor des Food-First-Instituts in Oakland, USA. Laut ihm kristallisiere sich Biosprit zum "schrecklichen Fehler" heraus, er plädierte bei einem Wien-Besuch auf Einladung der Grünen darauf, dass EU und USA ihre Beimischungsziele zu fossilem Treibstoff einfrieren. Außerdem will er "Biosprit" mit "Agrosprit" bezeichnet wissen, "da 'bio' eine positive Erwartungshaltung auslöst, die der Benzin aus Mais, Zuckerrohr oder Rübe nicht erfüllt".

Die Liste der Verfehlungen sei lang: Angeführt von den USA, die das große Geschäft mit dem nachwachsenden Treibstoff entdeckt hätten, würden in Lateinamerika Landenteignungen und Urwaldrodungen durchgeführt. "Die landlos gewordenen Bauern finden aber im Agrobusiness nicht genügend Jobs", sagt Holt-Giménez. Hundert Hektar Land können in kleinbäuerlichen Strukturen 35 Menschen ernähren. Stellt man die Fläche auf Zuckerrohr um, sind es nur mehr zehn Personen, bei Palmöl zwei. "Das ist das Ende der kleinen Bauernschaft in Entwicklungsländern." Bis 2025 könnten 1,2 Milliarden Menschen aufgrund dieser Entwicklung hungern; derzeit sind es 850 Millionen Menschen. In Brasilien und Kolumbien habe die Landenteignung bereits zu Massenprotesten geführt.

Urwälder müssen weichen

In den USA habe sich eine Lobby aus Saatgut-, Gentechnik-, Nahrungsmittel- und Ölproduzenten gebildet, die das Geschäft groß aufzögen. 88 große Ethanol-Fabriken seien geplant, die nicht mehr wie bisher im Eigentum von US-Farmern stünden und mittlerweile auch häufig nur mehr gentechnisch veränderten Mais als Rohstoff annehmen. Vorsitzender des Inter-American Ethanol Committees IAEC sei im Übrigen Jeb Bush, der Bruder des amtierenden US-Präsidenten.

Auch die CO2-Sparziele seien nicht zu erfüllen - und nicht nur, weil für die Energieplantagen Urwälder weichen müssen. "Wenn man eine Ethanolfabrik mit Kohle betreibt, ist das keine CO2-arme Alternative."

Der Grüne Landwirtschaftssprecher, Wolfgang Pirklhuber, fordert angesichts steigenden EU-Importe, zum Beispiel bei Palmöl, dass ein Zertifizierungssystem eingeführt wird, das Umwelt- und Sozialstandards in Entwicklungsländern sicherstellt. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20./21.10.2007)