Anfang 1932 lag in der 4200 Einwohner zählenden Gemeinde im Tiroler Unterland die Arbeitslosenrate um die 25 Prozent, 200 Personen waren bereits "ausgesteuert" und damit auf die Armenfürsorge der Gemeinde angewiesen. Am Rande des Bankrotts stand auch die Gemeinde selbst - nicht zuletzt deshalb, weil viele Betriebe mangels Umsätzen ihre Gemeindesteuern nicht mehr begleichen konnten. Ein teuflischer Kreislauf, der sich damals in tausenden anderen Gemeinden in ähnlicher Form wiederholte.
Auf Initiative des sozialdemokratischen Bürgermeisters Michael Unterguggenberger, eines damals 48-jährigen Eisenbahners, wurden ab Juli 1932 in Wörgl Arbeitslose im kommunalen Straßenbau beschäftigt. Entlohnt wurden sie mit Arbeitswertscheinen, die von der Mehrzahl der Wörgler Geschäfte angenommen wurden. Diese konnten damit ihre Steuerschulden bei der Gemeinde begleichen, was dieser wiederum ermöglichte, ihren sozialen Aufgaben besser nachzukommen. Am Ende ging es sich finanziell sogar aus, eine Sprungschanze zu bauen.
Der Clou an diesen, auf Schilling lautenden Arbeitswertscheinen bestand darin, dass sie monatlich ein Prozent ihres Wertes verloren und beim Wechseln in "echte" Schilling eine Gebühr von zwei Prozent fällig wurde.
Dadurch gab es Interesse, das "Schwundgeld" möglichst rasch wieder auszugeben. "Ein darnieder liegender Wirtschaftskreislauf wurde angekurbelt", sagt Veronika Spielbichler, Obfrau des Unterguggenberger-Instituts und Initiatorin des Freigeldjahrs.
Von Dollfuß abgedreht
Innerhalb eines Jahres ging in Wörgl die Arbeitslosigkeit um 16 Prozent zurück, während sie zeitgleich in Österreich nochmals um 19 Prozent anstieg. Hunderte Gemeinden im In- und Ausland interessierten sich, und Guggenberger ging mit seiner Idee auf Vortrags-Tournee - ehe der Regierung Dollfuß und der Nationalbank die ganze Sache zu heiß und das Experiment im September 1933 aus formalen Gründen unterbunden wurde.
Das 2003 gegründete Institut ist nahe dem Wörgler Ortszentrum im ehemaligen Kleidergeschäft von Unterguggenbergers Frau Rosa untergebracht. Es sieht eine Hauptaufgabe im Archivieren und Dokumentieren jener Epoche. Ein zweiter Schwerpunkt ist den zahlreichen regionalen Komplementärwährungssystemen und Tauschkreisen gewidmet, insbesondere im deutschen Sprachraum. Für viele dieser Projekte sei das Wörgler Experiment ein Vorbild, betont Spielbichler.