Wien - Als Albtraum Maria Theresias, den eine Gegenwartsputzfrau mitträumt, hat Michaela Ronzoni ihr am Samstag im Museumsquartier uraufgeführtes VBW-Musical Die Habsburgischen geschrieben. Schon letztes Jahr versuchten die Vereinigten Bühnen Wien eine schräge Familiensatire (Die Weberischen), ein komisches Gezänk und Gezeter, jetzt soll in der Regie von Stefan Huber gezeigt werden, dass auch im Herrscherhaus an Hierarchie und Harmonie - quer durch die Jahrhunderte - mit viel schrillem Geplapper gezerrt und gerüttelt wurde.

Die Putzfrau also (Sigrid Hauser, sehr solide) wird beim Fegen in der Kapuzinergruft von der großen Regentin, einer schwarz kostümierten Dame (Maria Happel, in folgenden Vorstellungen soll Maria Theresia alternierend von Zuzana Maurery gespielt werden) gestört. Mehrere wuchtige Metallsärge säumen den Raum (schlichte aber wirksame Bühne: Harald Thor), während des Ritts durch die Habsburger-Dynastie werden sie auf Rollen verschoben und gerne ihrem Zweck entfremdet.

Familienmitglieder aus 700 Herrscherjahren stürmen, ohne dass die Geisterstunde geschlagen hätte, in bunter Abfolge auf die Bühne, um ein paar Schlagworte loszuwerden. Johann (Raphael Johannes Kübler) erschlägt Albrecht I. (Roman Frankl) und stürmt auf dem Steckenpferd mit dessen Landen in Schnitzelform wieder davon.

Die Kluft der Zeiten wird nicht nur mit dem Spielfilmwissen der Putzfrau angerührt: Maria Theresia gibt sich als y-Achse auf dem kartesischen Koordinatensystem der Habsburger. Sie bestimmt, was veraltet (Albrechts "Sexismus") oder zu modern (die Reformideen Josephs II.) ist, sie reißt sich rockend die Perücke vom Haupt, wenn ihre Ahnenritter blutige Extremitäten auf die Degen spießen und mit Kettensägen ein Lied auf das Gemetzel singen.

Höhepunkte gibt es spärlich: Franz Josephs Graus vor der großeuropäischen Küche und seine, in fünffach halluzinierter Anwesenheit debil vorgebrachten Menüwünsche ("I möcht an Tafelspitz!").

Die Lieder von Christian Kolonovits, der auch das tapfere Orchester der VBW dirigiert, weisen in Text und Melodie nicht einmal Ahnungen eines Hitpotenzials auf (originell die kuriosen Abkupferungen von Wiener Blut etwa, Karl VI. seine eigenen Spermien besingen zu lassen schon weniger). Und die Dramaturgie Julia Sengstschmids macht bestenfalls Zufälligkeit zum Auf-und-Ab-System des blaublütigen Geisterreigens. Ja, ein Traum mit wild und unübersichtlich wechselnder Szenenfolge. Eine rotierende Steigerung des Kuriosen ins Absurde und auch das schweißgebadete, keuchende Erwachen bleiben aus. Jetzt weiter abstauben? (Isabella Hager / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.10.2007)