Paris - Die französische Regierung drückt bei der Ratifizierung des in Lissabon beschlossenen EU-Reformvertrages aufs Tempo. Premierminister Francois Fillon (UMP) kündigte Sonntagabend an, dass das Ratifizierungsverfahren bereits am 14. Dezember beginnen werde. "Die Regierung muss die Ratifizierung dieses Textes so rasch wie möglich vorbereiten, und wir werden das Verfahren am 14. Dezember in die Wege leiten", sagte Fillon im Anschluss an eine UMP-Versammlung, an der auch Präsident Nicolas Sarkozy (UMP) teilgenommen hatte.

Ablehnung 2005

Im Anschluss an den EU-Gipfel von Lissabon hatte Sarkozy den Wunsch geäußert, dass der neue EU-Vertrag von Frankreich als erstem Land der Europäischen Union ratifiziert werde. Im Mai 2005 war die erste EU-Verfassung von den Franzosen in einer Volksabstimmung abgelehnt worden.

Jetzt hat die französische Regierung die Absicht, den Reformvertrag vor der Debatte im Parlament am 14. Dezember dem Verfassungsrat vorzulegen, damit dieser ihn überprüfen könne. Danach muss der Text zur Ratifikation von beiden Kammern des Parlaments mit Dreifünftelmehrheit genehmigt werden.

Sarkozy-Erolg

Die Genehmigung des neuen Verfassungstextes auf dem EU-Gipfel in Lissabon bezeichnete Fillon als "großen Sieg für Frankreich". Sarkozy habe "die Idee des vereinfachten Vertrags" gehabt und daher "seine Wette gewonnen". "Nun muss sich die UMP mobilisieren, um dieses Abkommen den Menschen zu erklären", betonte der Premierminister. Der EU-Reformvertrag muss von allen Mitgliedsländern ratifiziert werden, damit er dann 2009 in Kraft treten kann.

Mehrere EU-feindliche Parteien aus dem rechten wie aus dem linken politischen Lager haben gefordert, dass der Präsident zu dem Reformvertrag ein Referendum organisieren solle. Der Linksnationalist Jean-Pierre Chevenement erinnerte daran, dass der erste Vertrag durch eine Volksabstimmung abgelehnt worden war, und dass diese Ablehnung allein durch das Volk selbst aufgehoben werden könne. Am Samstag fand in Paris eine Demonstration gegen den Vertrag statt, an dem sich auch Vertreter der rechtsextremen "Front National" (FN) Jean-Marie Le Pens und des "Mouvement pour la France" (MPF) von Philippe de Villiers beteiligten.

Gespaltene Meinung bei Sozialisten

Die Sozialisten (PS), die sich teilweise gegen den EU-Vertrag ausgesprochen hatten, sind in der Frage zur Ratifikation des neuen Textes gespalten. PS-Chef Francois Hollande betonte, dass "die Logik ein erneutes Referendum" erfordere. Anhänger des Verfassungsgegners und Ex-Premiers Laurent Fabius forderten dagegen, dass ein Referendum organisiert und den PS-Wählern die Enthaltung empfohlen werde. "Der Reformvertrag stellt eine Möglichkeit dar, Europa aus einer schwierigen Lage zu befreien, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen", sagte dagegen der PS-Fraktionssprecher Jean-Marc Ayrault, der sich bereits 2005 für die Ratifikation der EU-Verfassung eingesetzt hatte.

Auf ein entschiedenes Nein beharrt dagegen der SP-Senator Jean-Luc Melenchon, einer der heftigsten Gegner der europäischen Integrationspolitik. Melenchon vertritt die Ansicht, dass Sarkozys Regierungsmehrheit in den beiden Parlamentskammern nicht über die Dreifünftelmehrheit verfügt, die zur Ratifikation des Reformvertrags nötig ist. "Die Opposition hat dagegen die Möglichkeit, ein erneutes Referendum durchzusetzen. Sie muss es bloß wollen", betonte der Sozialist. (APA)