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Sozialminister Erwin Buchinger hat sich einem Societymagazin anvertraut: "Marina ist meine Freundin"

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Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky hat ihre neue Partnerschaft vor Wochen auf Ö3 geoutet.

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Nach Andrea Kdolsky hat sich jetzt Ministerkollege Erwin Buchinger geoutet. der Standard fragte bei Psychoanalytikern nach, warum Politiker in aller Öffentlichkeit ihre Ehen riskieren.

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Wien – Also doch. Lange wurde gemunkelt, viele haben es „schon immer“ gewusst, jetzt hat sich Sozialminister Erwin Buchinger einem Societymagazin anvertraut: „Marina ist meine Freundin, mit Elisabeth bin ich verheiratet.“ ÖVP-Regierungskollegin Andrea Kdolsky war schneller, sie hat ihre neue Partnerschaft vor Wochen auf Ö3 geoutet.

Was früher unter der Tuchent gehalten wurde, wird heute nicht selten offensiv in die PR-Kampagne eingebaut. „Da gibt es den staubtrockenen, faden Parteiobmann, aber daneben den James Dean. Der zeigt die lockere Welt, und die Partei kann sagen: Bitte, das haben wir auch“, sagt die Wiener Psychoanalytikerin und Stressforscherin Rotraud Perner.

Geoutet wird heute rundum: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy füllt mit seiner Scheidung ebenso die Nachrichten wie Sloweniens Regierungschef Janez Janša, der die Heirat mit seiner jungen Freundin in Aussicht stellt. „Es ist natürlich gut, dass heute nicht mehr so geheuchelt wird. Wichtig ist, dass diese Doppelmoral endlich aufhört und man nicht mehr so auf heilige Familie spielt“, sagt Perner im Standard-Gespräch.

Politiker seien jedenfalls „besonders gefährdet“. Perner: „Politiker haben viel zu wenig Zeit für das Privatleben. Zuhause gibt’s dann immer Vorwürfe: ‚Du bist nie zu Hause, kümmerst dich nicht mehr um mich.‘ Das gilt für Männer wie für Frauen. In der neuen Beziehung können sie abschalten. Dann kommt dazu, dass Sexualität unheimlich viel Kraft gibt. Politiker können sich wieder als Mann spüren. Es ist eine Frage der Euphorisierung, die Zellen schwingen schneller, man hat mehr Power, das Immunsystem wird verbessert. Zu Hause sind sie nur der Papa oder Ehemann, und hier wird er verwöhnt.“

Und dann in die Therapie

Irgendwann aber werde auch die Zweitbeziehung trivial, „dann macht es keinen Spaß mehr, und dann kommen die meisten in die Therapie und fragen, wie sie diese Beziehung wieder loswerden können“.

Die Sexualität sei ein zentrales Motiv, sagt auch der Psychotherapeut und Sexualwissenschafter Karl Stifter: „Der „Seitensprung wird als fast paradiesischer Glückszustand, als Seligkeit fantasiert und anfangs auch oft so erlebt. Politiker, die viel arbeiten, brauchen natürlich hohe Dosen, um sich wieder einmal zu spüren, auch in ihrer Ganzheitlichkeit, in ihrer Körperlichkeit und Geschlechtlichkeit. Die Selbstidentität wird ja stark durch die Sexualität definiert. Politiker als Promis finden natürlich auch viel mehr Gelegenheiten vor als andere Menschen.“

Und auch bei Politikern gelte eben: „Macht macht geil“, sagt Stifter. „Ein Seitensprung bei Männern passiert oft nicht wegen eines Mangels in der Beziehung, sondern fast umgekehrt. Gerade wenn es einem gutgeht, da ist man lustig, wenn man lustig ist, ist einem nach Lust zumute.“ Aber wo bleiben die Ehepartner? Perner: „Eine, wenn man so will, triviale Ehe gelingt nur, wenn der Partner den Beruf mitträgt. Sonst besteht die Gefahr, dass der Ehemann oder die Ehefrau zu Mama oder Papa reduziert wird und man die Leidenschaft bei jemanden anderen sucht.“ Die „Seitensprung-Gesellschaft“ bekomme zunehmend weiblichen Zuwachs, sagen Perner und Stifter. Immer mehr Frauen kommen in Führungspositionen und geraten – wie die Männer – in die „Ehefalle“. (Walter Müller/DER STANDARD, Printausgabe, 23.10.2007)