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Die Gesundheits-Ausbildung an den Fachhochschulen soll die internationale Vergleichbarkeit gewährleisten.

Foto: ap/grant
2005 wurde im Ministerrat beschlossen, dass die Ausbildung für Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten, Medizinisch-Technische Assistenten, Diätassistenten, Hebammen, Orthoptisten und Röntgenassistenten nicht mehr an den Akademien, sondern an Fachhochschulen (FH) angesiedelt sein soll. Somit ist die Ausbildung für diese Gesundheitsberufe nicht mehr im Schulorganisationsgesetz verankert, sondern im Fachhochschulgesetz. derStandard.at hat sich über erste Auswirkungen der Reform erkundigt.

Während die SchülerInnen an den Akademien eine kostenlose Ausbildung in den genannten Berufen erhielten, müssen sie nun - wie alle StudentInnen – Studiengebühren bezahlen. "Dafür bekommen sie einen akademischen Abschluss, der international anerkannt ist und sie zum Weiterstudieren berechtigt", erzählt Martin Schlögl, Mitglied des Fachhochschulrats und Leiter des Instituts für Bildungswissenschaft.

Es habe immer Probleme mit der internationalen Vergleichbarkeit der Gesundheitsausbildungen gegeben, denn diese Gesundheitsberufe seien in den meisten Ländern auf akademischem Niveau angesiedelt, erklärt Schlögl. Während die Akademien keinen Forschungsauftrag hatten, sind Forschung und Lehre nun auch Bestandteil an den FH-Studiengängen.

Theorie und Praxis

Die Frage, wie man Praxis und Theorie verschränken sollte, war eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung der neuen Studienpläne. Auch die Eingliederung der vorherigen Akademien in die FH-Struktur war "kein trivialer Akt", erzählt Schlögl. Er sei überzeugt, dass die Studierenden auch jetzt ausreichend Praxis sammeln: "Sie sind ab dem ersten Tag wirklich einsetzbar", so Schlögl.

Ländersache

Im Unterschied zu anderen FH-Studiengängen, die zu zirka 90 Prozent vom Bund finanziert werden und die restlichen zehn Prozent selbstständig beschaffen müssen, werden die Gesundheitsstudien zu 100 Prozent vom jeweiligen Land finanziert. "In diesem Zusammenhang wurde kritisiert, dass die Länder etwa Physiotherapeuten nur für den eigenen Bedarf ausbilden. Private Niederlassungen, die ihren MitarbeiterInnen in der Regel weniger gute Arbeitskonditionen anbieten könnten, könnten so mit einem Personalmangel konfrontiert sein", erklärt Schlögl die Befürchtung mancher

Unsicherheit

"Unsicher", wie sich die Fachhochschul-Ausbildung auf den klinischen Alltag auswirkt, ist Heinz Brock, medizinischer Direktor des AKH Linz. Bisher habe er etwa die praxisnahe Ausbildung der Hebammen geschätzt: "Nach ihrem Abschluss haben Hebammen sehr routiniert agiert", sagt Brock. Wichtig sei, dass Hebammen trotz der theoretischen Aufwertung den hohen Praxisbezug nicht verlieren. Der Tatsache, dass Hebammen künftig mit mehr theoretischem Wissen ausgestattet werden, kann er aber Positives abgewinnen: "Gut ausgebildete Mitarbeiter sind immer ein Vorteil, denn eine Organisation wie ein Krankenhaus basiert auf Wissen", sagt Brock. Höhere Anforderungen in einem komplexer werdenden Umfeld würden auch seinen Mitarbeitern mehr abverlangen, "da ist es gut, auch auf theoretisches Wissen zurückgreifen zu können".

"Wir heben theoretisch nicht ab"

Ob und wie sich die reformierte Ausbildung konkret auf den Arbeitsalltag auswirken wird, "kann man heute noch nicht sagen", erklärt Margaritha Kindl, Leiterin des Studiengangs "Hebammen" an der Fachhochschule Krems. An der Ausbildung habe sich inhaltlich einiges verändert, sagt Kindl, die auch an der Entwicklung des österreichweit gültigen Lehrplanes maßgeblich beteiligt war. Neben der klassischen Hebammenarbeit soll nun auch wissenschaftliches Arbeiten verstärkt vermittelt werden. Kindl: "Dabei ist der Bezug zur Berufspraxis wichtig, wir heben nicht irgendwo theoretisch ab". Inhalte kritisch zu hinterfragen, Fachliteratur zu recherchieren und zu lesen seien wichtige Elemente einer modernen Hebammenausbildung, so Kindl.

Europaorientiert

Im Rahmen der Hebammenausbildung an der FH sei "etwas weniger" Praxiszeit als einst an der Akademie zu absolvieren. Die Praxisphasen werden jedoch "optimal und zielorientiert" genutzt. Die theoretischen Lerninhalte sollen zudem auch mit praktischen Übungen verknüpft werden. Seit 1994 sei in den entsprechenden EU-Rechtlinien genau vorgeschrieben, in welchem Umfang praktische Lehrinhalte gewährleistet sein müssen. So müssen Hebammen im Rahmen ihrer Ausbildung nachweislich beispielsweise 40 Geburten eigenständig durchgeführt haben. Wichtig sei, nicht nur sein eigenen Süppchen zu kochen, sondern europaorientiert zu denken, sagt Kindl. Ob Stockholm, London oder Warschau – europaweit sei eine einheitliche Ausbildung gewährleistet, die es den Hebammen auch ermöglicht, unkompliziert in andern Ländern Europas zu arbeiten.

Mehr Geld

Brocks Befürchtung, dass es durch die neue Ausbildung zu einer Zweiteilung des Berufsstandes kommen könnte, teilt Kindl nicht: "Als wir 1994 die Hebammenausbildung reformiert hatten, hieß es auch, wir spalten ganz Österreich. Die Unstimmigkeiten waren minimal, man hat sich sehr schnell arrangiert", so Kindl. Dass durch die höhere Qualifzierung die Personalkosten steigen könnten, vermutet Brock. "Es ist zu hoffen, das Hebammen mehr verdienen", sagt Kindl. (burg/derStandard.at, 25. Oktober 2007)