"Dass Migranten per se häufiger von familiärer Gewalt betroffen" seien, könne "aber nicht gesagt werden". Bures bezieht sich in der eher vage gehaltenen Passage darauf, dass zwei von 1000 Frauen mit österreichischem Pass bei Gewaltschutzzentren Zuflucht suchen, jedoch sieben von 1000 Frauen, die nichtösterreichische Staatsbürgerinnen sind. Eine vernachlässigbare Größe? Die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie zeigt in seiner "Statistik 2006" ein umgekehrtes Bild: 72 Prozent der Hilfe Suchenden waren österreichischer Herkunft, 19 Prozent aus dem Migrantenmilieu.
Mangelnde Wissenschaftlichkeit
Den Eindruck, dass Zuwanderinnen eher Zuflucht bei Gewaltschutzzentren suchen, können auch die Soziologinnen Melanie Goisauf und Rossalina Latcheva "nicht bestätigen". Die Bures-Studie sei "einfach nicht wissenschaftlich genug". Beide haben unlängst eine Untersuchung über Zwangsheirat im Auftrag der Stadt Wien veröffentlicht. Eine Arbeitsgruppe im Ressort von Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) wird bis Dezember Ergebnisse erarbeiten. Angedacht wird eine Wohngemeinschaft für minderjährige Mädchen, denen eine Zwangsheirat droht. Prinzipiell verlangt Frauenberger einen eigenen Aufenthaltstitel für Migrantinnen, damit sich die Frauen nicht auch noch vor Abschiebung fürchten müssen, wenn sie ihre gewaltbereiten Männer verlassen.
Gründe für Hilfesuche
Harald Hofmayer, Stadthauptmann bei der Wiener Polizei, hat den Hintergrund von 400 Betretungsverboten, die die Behörden in neun Bezirken verhängt haben, analysiert. Nach Tiefengesprächen mit betroffenen Familien kam er zu dem Schluss: 86 Prozent der Migrantinnen riefen erst die Polizei, nachdem im Haushalt eine strafbare Handlung stattgefunden hatte, Frauen inländischer Herkunft schlugen tendenziell früher Alarm. "Daher war in den Migrantenfamilien dann auch die Eskalationsgefahr oft höher", erklärt der Experte.